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Tricks - acht Erzählungen von Alice Munro

Harte Fakten

Titel Tricks: Acht Erzählungen 
Autor*in Alice Munro 
Erscheinungsjahr 2013 
Seitenzahl 384 
Anzahl Geschichten

Inhalt

Fazit für Eilige

Ich lese diese Erzählungen auch heute schon gern. Sie sind besonders. Sie fallen auf. Einiges bleibt im Gedächtnis. Doch einige lassen mich auch zurück mit dem Gefühl, nicht alles verstanden zu haben. Nicht alles bemerkt, was drin steckt. Die Pointe nicht verstanden zu haben. Oder war da gar keine Pointe? Zum Glück kommen weiter hinten im Band dann wieder Stories, die ich komplett zu verstehen glaube.

 

Ich werde zu diesem Band zurückkehren, in ein paar Jahren, wenn ich mehr Leseerfahrung habe und es erneut probieren.

 

Diesen Band sollte man auf jeden Fall von vorn nach hinten lesen. Beispielsweise kommt die Protagonistin Juliet in drei Geschichten vor und sie in der richtigen Reihenfolge zu lesen steigert das Lesevergnügen.

Mit dieser Autorin bin ich nicht fertig. Die Onleihe hat einige ihrer Bücher, da werde ich mich demnächst mal drauf stürzen.

 

Über die Autorin

Die Autorin hat 2013 den Literaturnobelpreis gewonnen und einige ihrer Erzählungen wurden verfilmt. Sie ist bekannt für ein offenes Ende, was nicht ganz leicht zu verarbeiten ist als Leserin für mich. Insgesamt 14 Bände mit rund 150 Kurzgeschichten kann sie vorweisen - echt beeindruckend. 2012 hat sie allerdings bekannt gegeben, dass sie aufhört.

Was mir sehr gefällt, ist ihre Überarbeitungswut. Sie verbesserte ihre Texte stetig, findet quasi kein Ende. Sehr sympathisch.

  

Ausreißer

Geschichten darüber, was geschieht, wenn man sich in die Beziehung anderer einmischt, und sei es in bester Absicht, habe ich schon oft gelesen. Worin also unterscheidet sich diese Erzählung von all den anderen? Das Fazit, die Lehre daraus, scheint auf den ersten Blick gleich zu sein.

Einige Details bleiben im Gedächtnis. Die verschwundene Ziege, die im rechten Augenblick wieder auftaucht. Der seltsame Charakter des Ehemanns Clark, der auf eine bestimmte Art bedrohlich, aber auch zivilisiert und vernünftig erscheint. Wie jemand, der Fehler zwar bemerkt, aber wieder vergeben kann. 

Ich mag die frische Beschreibungen gefühlter Kleinigkeiten, z. B. wie fehlende Kleidung ersetzt wird. Telefonate. Gedanken. Momente. Die Story hat was. Dennoch bleibe ich mit dem Gefühl zurück, etwas überlesen zu haben.

 

Entscheidung

Sehr plastisch. Vor allem die Zugfahrt. Die Kälte. Das Ereignis während der Zugfahrt. Eigentlich zwei Ereignisse. Ein Ende und ein Anfang. Figuren, die nur einen kurzen Auftritt haben und während dieser Momente dennoch dreidimensional bleiben. Das Verständnis der Geschichte wird mir dadurch erschwert, dass in zwei Zeitebenen erzählt wird. 

 

Bald

Eine seltsam altmodische Geschichte, in der es verwerflich ist, in wilder Ehe mit Kind zu leben. Eine rätselhafte Figur namens Irene, mit der es dann doch weniger auf sich hat, als ich zuerst vermute. Oder habe ich da wieder etwas verpasst? Offenbar geht es um die Mutter-Tochter-Beziehung. Was hat nur dieser Dialog der Tochter mit dem Geistlichen in dieser Erzählung zu suchen? Dass sie nicht an das Leben nach dem Tod glaubt, während ihre Mutter dem Sterben so nah ist? 

 

Schweigen

Juliet und Penelope, die kennen wir aus "Bald", der vorherigen Geschichte. Da ging es um Juliets Verhältnis zu ihrer Mutter, besonders kurz vor deren Tod.

Hier ist Penelope zunächst Anfang zwanzig und verschwindet komplett aus Juliets Leben. 

Ich sage es mal ganz direkt: Ich kann mit dieser Geschichte nichts anfangen. Das Thema ist doch krass. Und gut. Aber hier wird es so emotionslos behandelt, damit kann ich nicht umgehen. 

Bei der Recherche stelle ich immerhin fest, dass die "Unsentimentalität" Absicht ist. Außerdem hätten ihre Erzählungen oft einen offenen Schluss. Da bin ich vielleicht nicht zu doof, sondern mir schmeckt nur das Gericht nicht. 

 

Leidenschaft

Ich verstehe diese Geschichte überhaupt nicht. Interessant hätte ich es gefunden, mehr über die Szene zu lesen, in der die Protagonistin neun Meilen Auto fährt, ein vermeintlich schlafender Betrunkener neben sich und alle hupen, weil sie mit Fernlicht fährt, und viel zu langsam. Aber das nimmt kaum eine halbe Seite ein. 

Wie es sich herausstellt, sind "Schweigen" und "Leidenschaft" nur mein persönlicher Tiefpunkt einer sonst bemerkenswerten Sammlung von Erzählungen.

 

Verfehlungen

Das hat mir gut gefallen. Es war spannend. Unerwartet. Gutes Thema. Laureen lernt Delphine kennen, die in einem Hotel nahe der Schule arbeitet. Die Art, wie sie sie kennenlernt, ist schon irgendwie verdächtig. Angeblich hat jemand eine Goldkette verloren, an dem die Buchstaben des Namen "Laureen" hängen. Die Kette gehört ihr nicht, auch sonst vermisst sie niemand. Es wirkt, als hätte Delphine jemanden mit dem Namen Laureen kennenlernen wollen. Die beiden freunden sich an. 

Mit der Auflösung hatte ich nicht gerechnet, obwohl sie im Nachhinein naheliegend ist.

 

Tricks

Auch diese Geschichte ist nach meiner Nase. Zwei Frauen um die dreißig, Joane und Robin, beide Singles. Eher das, was zu anderen Zeiten gern mal "alte Jungfer" genannt wurde. Robin fährt öfter in die benachbarte Stadt, um sich dort Shakespeare Theaterstücke anzuschauen. Eines Tages verliert sie dort nach der Vorstellung ihre Handtasche und steht da ohne Fahrkarte zurück und ohne Geld. Dabei lernt sie Danilo kennen, aus Montenegro, der seinen Dobermann ausführt. Ich habe den Fortgang zu keinem Zeitpunkt vorausgeahnt und war doch immer gefesselt.

Diese Pointe sucht echt seinesgleichen. "Oh nein!", habe ich laut gerufen und musste daraufhin die Geschichte unserer fünfjährigen Tochter erzählen, die sie ebenfalls sehr gut fand. Also sicher ist: Dieser Geschichte kann man gut folgen und sie gut nacherzählen.

 

Kräfte

Die letzte und auch mit Abstand längste Erzählung besteht aus mehreren Teilen. Ende der Zwanziger Jahre, ich vermute mal, in Kanada. Zunächst erhalten wir Einblick in das Leben von Alice, eine sehr junge Erwachsene, die Aprilscherze macht und vom Arzt Wilf einen Heiratsantrag erhält, den sie annimmt. 

Der zweite Teil ist auktorial, so erfahren wir auch etwas über das Innenleben der anderen Figuren und erleben Alice von außen, was reizvoll ist.

Diese Geschichte gefällt mir, obwohl am Ende nicht alles total aufgelöst wird. Ich merke, die Stories, die chronologisch erzählt werden, liegen mir hier mehr. 

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