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American Gods von Neil Gaiman

Inhalt

Ich beginne am besten damit, wie ich den Inhalt des Romans unserer kleinen Tochter erklärt habe. Stell dir vor, all die Götter, an die Menschen geglaubt haben, würden wirklich existieren. Nicht nur der Vater von Jesus (der kommt in dem Buch gar nicht vor und Jesus nur in einer sogenannten "deleted scene"), sondern auch die ganz alten Götter, an die die Leute viel früher mal geglaubt haben. Richtig viele verschiedene, auch Kobolde. (Ich verkniff mir, den Weihnachtsmann und den Osterhasen zu nennen, da sie selber an die noch glaubt und die gibt es im Buch eh nicht, obwohl durchaus eine Ostergöttin vorkommt.) Genauso wie in Amerika Menschen aus aller Welt versammelt sind, stammen auch die Götter von überallher, wie aus der nordischen, der slawischen, afrikanischen, indischen, ägyptischen und der keltischen Mythologie.

 

Als die Menschen vor ein paar hundert Jahren begannen, nach Amerika auszuwandern, nahmen sie ihre Götter mit. Hörten aber irgendwann auf, an sie zu glauben. Stattdessen glaubten sie an andere Dinge z. B. das Internet (Tochter: "Es gibt das Internet!") und das Fernsehen (Tochter: "Es gibt das Fernsehen! Wir haben einen"). Das tut den alten Göttern nicht gut, sie werden schwächer und müssen anfangen, Geld zu verdienen oder Gaunereien betreiben, um zu überleben. Irgendwann gibt es einen Krieg zwischen den neuen und den alten Göttern.

 

So ungefähr das Setting. Das Ganze wird aus der Sicht von Shadow erzählt. Shadow soll in wenigen Tagen aus dem Gefängnis entlassen werden. Dann stirbt seine Frau Laura und er kommt zwei Tage früher raus. Auf dem Flug nach Hause lernt er den mysteriösen Wednesday kennen, der ihm einen Job anbietet. Anfangs sträubt Shadow sich, da er glaubt, noch ein Zuhause und auch einen Job bei seinem besten Freund als Fitnesstrainer zu haben, dann stellt sich aber heraus, dass auch sein bester Freund gestorben ist (gemeinsam im Auto mit Shadows Frau Laura) und das Zuhause ist ohne Laura irgendwie auch nicht das, wonach sich Shadow sehnt. Er nimmt also den Job an.

 

Wednesday hat es sich zum Ziel gesetzt, alle alten Götter zusammenzutrommeln. Shadow ist so etwas wie sein Fahrer und Handlanger bei der ganzen Sache. Manchmal habe ich beim Lesen auch nur den Eindruck, Wednesday bezahlt ihn, weil er gern Publikum hat. 

 

Ich bin unentschlossen, ob in dem Roman eigentlich eher wenig oder sehr viel passiert. Zusätzlich zu dem Haupt-Plot mit Shadow, der aus der personalen Perspektive recht nach an Shadow dran bleibt, gibt es immer mal wieder längere und auch recht kurze Kapitel mit Zwischenspielen. In einigen geht es um Götter und darum, wie sie nach Amerika gekommen sind. In anderen geht es um Laura, die zwar tot, aber irgendwie doch eher untot ist. Manche dieser Kapitel waren extrem interessant, andere habe ich ein wenig rascher gelesen. 

 

Fast am Besten hat mir der Teil des Romans gefallen, in dem Shadow sich auf Wednesdays Anweisung hin in Lakeside, Minnesota unter falschem Namen versteckt und dort die Bekanntschaft einiger Nebenfiguren macht, die sehr gut in Erinnerung bleiben und außerdem dort recht rasch der Lösung eines Rätsels auf die Spur kommt.

 

Shadow ist ein recht eigenartiger Protagonist. Obwohl ihm ständig sehr abgefahrene, unglaubliche Dinge geschehen (oder um ihn herum derartiges geschieht) und sein Leben auch immer wieder bedroht wird, bleibt er emotional recht unbeteiligt. Meiner Tochter habe ich es so beschrieben: Er wundert sich recht wenig. Vielleicht würde sich ein Mensch in seiner Situation auch tatsächlich gar nicht so viel wundern. Irgendwie muss man ja mit all diesen Seltsamkeiten umgehen. Trotzdem ist er sehr menschlich, ich bin ununterbrochen auf seiner Seite und sein Verhalten wirkt glaubwürdig. Außerdem sind nahezu alle Nebenfiguren schrecklich lebendig. Ich hätte dem Autor so einen Roman nicht zugetraut, nachdem ich das Graveyard Buch recht rasch abgebrochen habe, weil ich mit dem Stil nicht klar gekommen bin.

 

Ich hatte die erste Staffel im Fernsehen geschaut, dann wurde es mir zu abgefahren und ich habe erst einmal Pause gemacht. Nachdem ich den Roman sehr genossen habe, schaue ich glaube ich die anderen Staffeln auch (in unbestimmter naher Zukunft, nicht sofort). Einige der verfilmten Szenen sind sehr nah am Buch. Anderes wurde in der Serie eher dazu gedichtet. Es ist auch mal angenehm, eine Verfilmung zu schauen, die nicht alles mögliche weglässt, sondern mehr erzählt als der Roman. Das Casting ist außerdem ebenfalls sehr gelungen (was die erste Staffel betrifft). Meine Kenntnis der ersten Staffel hat mir außerdem sehr beim Verständnis des Romans geholfen.

 

Wer es abgefahren mag, ist hier sicher gut aufgehoben. Die meiste Zeit ist es ein phantastischer Road Movie, der zwar in unserer Welt spielt, aber eben mit lebendigen Göttern (und von den meisten davon habe ich nie gehört).

 

Gelesen habe ich das Buch, weil es den Hugo Award in 2002 gewonnen hatte.

 

Witzige oder mindestens bemerkenswerte Zitate:

 

[Shadow zu Wednesday:] "Wie haben Sie Ihr Auge verloren?"

[...]

"Ich habe es nicht verloren", sagte er. "Ich weiß noch genau, wo es ist."

 

"Sie sind also kein Amerikaner?", fragte Shadow.

"Niemand ist Amerikaner", sagte Wednesday. "Nicht ursprünglich jedenfalls."

 

Der Vogel wandte sich um, letzte argwöhnisch den Kopf schief und starrte ihn mit funkelnden Augen an.

"Sag 'Nimmermehr'!", rief Shadow.

"Du kannst mich mal", erwiderte der Rabe.

 

"Die Ernennung eines Gerichtsmediziners ist hier in der Gegend eine politische Entscheidung", sagte Ibis. "Seine Aufgabe besteht darin, einem Leichnam einen Tritt zu versetzen, und wenn er nicht zurücktritt, unterschreibt er die Sterbeurkunde."

 

"...[ich glaube daran,] dass es irgendwo in einer Kiste eine Katze gibt, die gleichzeitig lebendig und tot ist (auch wenn sie, wenn nicht bald jemand die Kiste öffnet und sie füttert, irgendwann gleichzeitig tot und tot sein wird)...."

 

Harte Fakten

Titel American Gods 
Autor Neil Gaiman 
Erscheinungsjahr 2001 
Seitenzahl 672 

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