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Die beste meiner Welten von Elan Mastai

Inhalt

Dieser Roman beweist, dass ich auch gern mal jemandem folge, der eben kein Held ist und dem ein Missgeschick nach dem anderen passiert, bis hin zur Auslöschung der perfekten Welt, in der er aufgewachsen ist. Dabei ist der Ich-Erzähler Tom keineswegs dumm oder ungebildet. Im Gegenteil, er kennt sich sehr gut aus in seiner Welt und in den Wissenschaften. Es gelingt ihm sogar, zu erklären, warum Zeitreisen so ein großes Problem sind. Nicht wegen der Zeit. Sondern wegen des Raums. Alles bewegt sich. Nicht nur die Erde um die Sonne (und um sich selbst), sondern auch unser Sonnensystem bewegt sich in der Galaxie. Terminator und Marty McFly wären irgendwo Milliarden Meilen entfernt im Vakuum gelandet. 

 

Zu seiner Zeit ist sein Vater dabei, Zeitreisen zu erfinden und diese Probleme zu lösen. Zu seiner Zeit gibt es auch die Goodrider-Maschine, die 1965 eingeschaltet wurde. Mittels der Erdrotation gewinnt sie Energie. Genug, dass schon seit Jahrzehnten kein Öl und keine Kohle mehr benötigt wird. Geschweige denn Atomkraft. Energie für alle - Wohlstand für alle! Zeit für coole Erfindungen und Entertainment. Eine Utopie. Eine sehr glaubhafte noch dazu.

 

Das Zuhören macht irre viel Spaß. Die Story ist total durchdacht. Ich folge dem Plot vertrauensvoll, und nachdem nach zwei bis drei Stunden das Unvermeidliche geschehen ist (Tom landet durch eine totale Zeitreisepanne in "unserer" Welt von 2016), habe ich keine Ahnung mehr, was als nächstes passieren wird. Ich gebe mich aber gern in die Hände des Autors und habe einfach nur Freude, bin neugierig und lasse mich überraschen.

 

Nach ungefähr der Hälfte des Romans, als ungefähr das passiert war, was ich schon in der Rezension gelesen hatte, geht es dann erst richtig ab und es passieren Dinge, mit denen ich nicht gerechnet hätte und von denen ich umso begeisterter bin. Dabei verliert der Plot nie den Faden, trotz des durchaus komplexen Unterbaus.

 

Es gibt eine schwer zu ertragende Szene, die nicht so recht aus Toms Sicht verfasst ist (schwer zu erklären, lest das Buch!), die aber zum Glück nur etwa eine halbe Stunde andauert. Ob sie jetzt unerlässlich für die Handlung ist, wage ich zu bezweifeln. Eine Zeitreise im letzten Drittel des Romans birgt eine so hervorragende Idee in sich, dass womöglich sogar Stanislav Lem anerkennend die Brauen hochgezogen hätte.

 

Ich denke, ich würde schon einen total einfallsreichen Roman lesen, da legt er noch ein paar unerwartete Plotwendungen obendrauf. Eine Stunde vor Ende kommt eine Passage, die in ihrer Ernsthaftigkeit und Tragik nicht ganz zum Ton des restlichen Romans passt, auch wenn sie inhaltlich wichtig ist und schwerlich weniger heftig hätte sein können. Ganz am Ende ist es womöglich ein wenig vorhersehbar, diesen Schluss haben wir Leser:innen und auch der Protagonist Tom nach all den Abenteuern aber auch verdient.

 

Humor kommt keineswegs zu kurz. Tom, der ja aus einer alternativen, viel fortgeschritteneren Welt um 2016 herum kommt, ist anfänglich mit "unserem 2016" ein bisschen überfordert. Er isst versehentlich verdorbenen Joghurt, weil er keine Ahnung hat, was ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist und er ist völlig verblüfft, als er von Friseuren erfährt (und beschreibt die Vorgänge beim Friseur auch so, wie jemand es würde, der davon nicht gehört hat). Vieles ist in seiner Welt längst überholt, auch Duschen mit Wasser. Das alles ist locker dargestellt und beschrieben.

 

Der Stil ist größtenteils nicht sehr szenisch. Es gibt durchaus mal hier, mal da, Kapitel mit Dialog, aber größtenteils erzählt Tom uns seine Geschichte und durchbricht dabei auch ständig die vierte Wand. Das ist unterhaltsam, aber unterhaltsamer wäre wohl ein szenischer Roman gewesen. Dennoch passt diese Art zu erzählen sowohl zu Tom, als auch zu dem Roman. Ich war an keiner Stelle gelangweilt. Allerdings lasse ich mir auch ganz gern mal die Physik der Zeitreisen erklären (nicht alle sehen das so, wie andere Reviews zeigen) und ich finde auch die Redundanz nicht so schlimm, mit der er manchmal Kapitel zusammenfasst (als ob ich womöglich nicht aufgepasst hätte, so etwas kenne ich sonst nur aus Sachbüchern). Mich hat dieser Zeitreiseroman komplett abgeholt und es war das beste Hörbuch, das ich seit längerer Zeit hören durfte.

 

Ich habe das Buch gekauft, weil es im Science Fiction Jahr 2019 rezensiert worden ist. Übrigens ist der Originaltitel viel cooler: "All our wrong todays". Das hat sich total gelohnt. Leider hat der Autor bisher nichts anderes geschrieben.

Harte Fakten

Titel Die  beste meiner Welten 
Autor*in Elan Mastai 
Erscheinungsjahr 2018 
Seitenzahl 430 
Länge Hörbuch 12 Std. 24 
Sprecher*in Sascha Rotermund 

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