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MANNigfaltig: Wenn Männer Männer lieben - von Sabine Reifenstahl

Harte Fakten

Titel MANNigfaltig: Wenn Männer Männer lieben
Autorin Sabine Reifenstahl
Erscheinungsjahr 2020
Seitenzahl 178
Rezensionexemplar Ja

Inhalt: Kurzgeschichten in vielen Farben

Bei der Leseprobe war ich noch unsicher, ob ich zusagen sollte. Schließlich liegen so viele nette Klassiker auf meinem Tisch bzw. in meinem Tolino. So richtig viel Action schien die Leseprobe nicht zu bieten.

 

Doch dann ließ ich mir das ganze eBook schicken und las die erste Geschichte. Ja, das ist nicht der Stil, den ich normalerweise bevorzuge (auch wenn ich langsam hier ein Bild von mir male, als würde ich nur dialoglastige Thriller lesen wollen, das ist definitiv nicht so!).

 

Die erste Geschichte lebt von der Innensicht des Protagonisten, der voller Trauer ist vom Verlust seiner beiden Lebensgefährten, mit denen er dreißig Jahre verbracht hat. Die Liebes-Skeptikerin in mir fragt sich: Zu dritt? Dreißig Jahre? Zu zweit ist es ja schon turbulent genug!

Jedoch werden seine Gefühle und seine Trauer so überzeugend dargestellt, dass ich der Story sogar den leicht phantastischen Schluss abkaufe.

Das ist eine atmosphärisch schöne Geschichte, ohne viel Action, eher gefühlvoll. Nach dem Lesen dieser Geschichte habe ich den Autorin die Rezension zugesagt.

 

Die Kurzgeschichten zeigen sie alle sehr unterschiedliche Farben, was mir sehr zusagt.

 

Wenn ich korrekt gezählt habe, halten sich lediglich vier Geschichten an die Naturgesetze, alle anderen haben phantastische Elemente, inklusive der ersten, auch wenn man diese wohl auch anders lesen könnte.

 

Ich persönlich fand die Geschichte mit dem Drachen (ein Mann, der eigentlich ein Drache ist in seiner wahren Gestalt) vom Plot her sehr originell und auch mit sehr schönem Abschluss. Allerdings fand ich gerade diese Geschichte auch ein wenig langatmig, was auch meiner Ungeduld als Leserin geschuldet sein kann. In dieser Geschichte fand ich außerdem die Dialoge weniger gelungen als in den anderen.

 

Sehr schön fand ich auch die Geschichte mit dem Mann, der Weihnachten alleine feiern will und dann einen nackten Mann vor seiner Haustür findet, halb erfroren. Und ja, dafür gibt es eine plausible Erklärung, auch wenn diese sich nicht unbedingt an die Naturgesetze hält und auch nicht übereinstimmt mit dem, was ich vermutet hatte (jedenfalls nicht total).

 

Persönlich am Besten gefallen haben mir die beiden BDSM-Geschichten. Der Spannungsbogen war vor allem in der ersten Geschichte sehr hoch und gut aufgelöst. Außerdem habe ich das Gefühl (ohne direkt Expertin bei diesem Thema zu sein), dass die Autorin für diese Geschichten sehr gut recherchiert oder sich hineingelesen hat, das Thema war sehr respektvoll und emotional ansprechend dargestellt.

Ein wenig unsicher bin ich, ob mir die Geschichten genausogut gefallen hätten, wenn der devote Part eine Frau gewesen wäre und der dominante ein Mann. Nicht, weil es mir generell missfällt, wenn es so herum ist. Doch eher weil in der Geschichte der devote Mann von dem dominanten gerettet wird. Und "Mann rettet Frau" habe ich schon zu oft gelesen. Geht also "Mann rettet Mann"? Das ist eine Frage, von der ich nicht genau weiß, wie ich sie beantworten sollte. Generell sollte es ja schließlich in Ordnung sein, wenn man seinen geliebten Partner aus einer Situation rettet.

 

Ebenfalls gut gefallen haben mir die vielen Sexszenen. Solche Szenen gelingen beim Schreiben ja manchmal etwas zu deutlich, zu undeutlich, zu peinlich oder etwas anderes zu sehr. Hier gelingt der Drahtseilakt ganz gut und fast immer hatte ich auch das Gefühl, dass ich bei diesen Szenen etwas mehr über die Menschen lerne, um die es in den Geschichten geht. Das sollten meiner Meinung nach Sexszenen auch bieten: Die Handlung vorantreiben, den Charakteren Tiefe geben. Wenn sie daneben auch noch anregend sind, ist das ok, aber das sollte aus meiner Sicht nicht der Hauptzweck sein.

 

Ich habe die Anthologie gleich mal weiterempfohlen an ein paar Freundinnen in Berlin, von denen ich weiß, dass die so etwas gern lesen.

 

Bei amazon gibt es das Taschenbuch übrigens auch bei Kindle unlimited. Reinlesen ist also unkompliziert - und es kostet sowieso nur 2,99 Euro.

Eine Frau, die Schwulen-Liebesgeschichten schreibt?

Wir sollen ja über das schreiben, das wir kennen. Aber wir sind ja auch Schreibende mit Phantasie und Einfühlungsvermögen, jedenfalls hoffentlich, also ist es zu erwarten, sich hier und da auch mal einzufühlen in andere Schuhe.

 

Ich kenne mich als Frau mit schwuler Liebe natürlich höchstens aus zweiter Hand aus. Mir kam das schon sehr authentisch vor und ich hätte ihr auch abgekauft, dass ein Mann dies geschrieben hat. Ich hatte vorher allerdings noch nicht sehr viel in dieser Richtung gelesen. Normalerweise würde ich ja auch nicht aktiv nach schwulen Kurzgeschichten suchen. Ich sehe schon, dieser Blog erweitert meinen Horizont.

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Kommentare: 1
  • #1

    Sabine Reifenstahl (Montag, 20 Juli 2020 21:40)

    Wow. Vielen Dank für deine Meinung, die mir einen neuen Blickwinkel ermöglicht.
    Ich freue mich, dass meine Figuren dich berühren konnten. Erotik ist ein Teil der Liebe, aber für mich kein Selbstzweck.
    Die BDSM-Geschichten kommen sicher unterschiedlich an, dabei geht es meinen Protagonisten darum, glücklich zu sein - eben auf ihre spezielle Weise.
    Liebe Grüße, Sabine Reifenstahl.