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Paradises Lost von Ursula K. Le Guin

Inhalt

Diese Geschichten wurde mir von Aiki Mira empfohlen, als wir uns über Space Operas unterhielten. 

 

Endlich mal eine Geschichte von Ursula K. Le Guin ohne Außerirdische, Kojoten oder komplett fremde Planeten! Der Fantasy-Anteil ist hier sehr klein. Ein Generationenraumschiff ist unterwegs von der Erde zu einem hoffentlich bewohnbaren Planeten. Die sechste Generation wird dort ankommen. 

Die Erzählung startet, als die Hauptfiguren der Generation 5 sieben Jahre alt sind. Sie werden bei der Ankunft auf die siebzig zugehen.

 

Ein paarmal wird die Zahl der Menschen in dem Generationenraumschiff sehr konkret. Während der Feier sagt der Lehrer z. B., dass es 54 Kinder der fünften Generation gibt, die zurzeit sieben Jahre alt sind. Die Gesamtbevölkerung wird mit "ein paar tausend" angegeben und bleibt ungefähr stabil. Das Proviant reicht für den Hinweg zur Destination, aber auch für den Rückweg, falls der Planet doch nicht bewohnbar sein sollte, es sind also Vorräte für zwölf Generationen vorhanden, nicht nur für sechs.

 

Die Geschichte nimmt sich viel Zeit, bietet mir als Leserin einiges an Einblick in die Lebensweise auf dem Generationenschiff. Details wie, dass alle barfuß auf Teppichboden laufen und Schuhe unbekannt sind, werden später noch wichtig. Entgegen dem, was ich vermute, werden Hsing und Luis kein Paar. Hsing heiratet jemand anderen und erfährt von ihm ein wichtiges Detail über den Zeitpunkt der Ankunft ihrer Reise. Zur gleichen Zeit findet Luis heraus, wie viel Einfluss die "Angels" mit ihrem Glauben mittlerweile auf dem Schiff haben. Für die "Angels" gibt es kein Ziel. Sie sind bereits im Paradies. Und ihre Lehre verbreitet sich rasch bei den Menschen, die nicht nur keine eigenen Erinnerungen an die Erde haben, sondern auch niemanden mehr persönlich kennengelernt haben, die welche haben.

 

Als sie dann ankommen, geschieht einiges, das völlig logisch und überzeugend, aber doch erschreckend ist. Bei einigen Szenen musste ich doch sehr schlucken und versuchen, vor dem Einschlafen nicht daran zu denken. Die Geschichte ist gelungen und fesselnd, ich bin gespannt auf die anderen Novellen in dem Band. 

 

Die Autorin im Original zu lesen hat sich voll gelohnt. Ich habe die Übersetzungen von "Freie Geister" und "Die Linke Hand der Dunkelheit" gelesen und dort keinen besonderen Sprachrhythmus entdeckt. Dabei heißt es doch, die Autorin hätte so viel Wert auf Sprache gelegt. Hier, im englischen Original, kommt das total durch. Nicht nur, dass sogar einige sehr gelungene Gedichte dabei sind, es gibt auch Sätze, die möchte ich mir ausschneiden und über den Schreibtisch hängen.

 

In der englischen Wikipedia findet sich ein lesenswerter Artikel zu dieser Erzählung.

Diversität

Es wird mehrfach Bisexualität (oder auch Pansexualität, festgelegt ist das nicht, nur dass Figuren ein romantisches oder mindestens sexuelles Interesse an Menschen unterschiedlichen Geschlechts haben). Die Protagonistin Hsing schwärmt sowohl für einen vermutlich männlichen Mitschüler (Bass Abby), als auch für Rosa, heiratet dann später einen Mann.

 

Luis' Vater hat bereits mit Männern geschlafen, später im Leben bringt er ausschließlich Frauen nach Hause.

 

Familien funktionieren anders als wir es hier aus der westlichen Welt gewohnt sind. Jeder Mensch auf dem Schiff kann ein Kind haben. Ein Mann hat sein "fatherchild", eine Mutter ihr "motherchild". Hierfür muss ein Mann eine Frau finden, die bereit ist, das Kind auszutragen. Sie ist dann zwar die Mutter, aber der Vater kümmert sich selber um sein "fatherchild", genauso wie die Mutter sich nach Geburt alleine um ihr "motherchild" kümmert. Es wird aber auch thematisiert, dass einige keine Kinder bekommen wollen oder können, dass man für eine andere Frau ein Kind austragen kann, dass jemand nach einem Kind keine Lust mehr hatte oder auch gern mehrfach schwanger wurde. Die Vielfalt ist hier sehr groß. Die gläubigen "Angels" treten später wieder vermehrt für die traditionelle Familie ein, auch Hsings Familienleben habe ich eher traditionell interpretiert.

 

Hsings Vorfahren stammen aus China, sie hat auch etwas chinesisch gelernt. Luis beschreibt seine kulturelle Herkunft so:

 

"But my birthmother’s half Euro and half Indo and my father’s one quarter each Southamerican and Afro and the other half Japanese, if I have it straight. Whatever it all means. "

 

Harte Fakten

Titel Paradises Lost 
Autor*in Ursula K. Le Guin 
Erscheinungsjahr 2002 
Seitenzahl ca. 100 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1402237513788542979 

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