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Supertoys Trilogy von Brian Aldiss

Inhalt

Trotz hohem SuB habe ich mal wieder einen Aufruf zu engen Literaturtipps bei Twitter gestartet. Prosa zum Thema "Kind verstirbt und wird durch Klon ersetzt" - eine Thematik, die mich zurzeit bei mehreren Ideen zu unterschiedlichen Kurzgeschichten mit unterschiedlichen Prämissen beschäftigt. Da kann es nicht schaden, zu schauen, was es schon gibt.

 

Wie es meistens so ist, waren die sehr engen Tipps zu diesem Thema eher selten, aber zum Thema "Klone zwecks Ausschlachten" oder "Geliebter Mensch verstirbt und wird geklont oder durch Androiden ersetzt" gab es doch einiges.

 

Der Film "A.I." mit Haley Joel Osment von 2001 wurde mehrfach genannt, auch wenn er nicht genau passt, da hier ein im Koma liegendes Kind durch einen Androiden namens David ersetzt wird. Den Film kenne ich auch bereits.

In der Kurzgeschichte verhält es sich etwas anders: Das Ehepaar Henry und Monica hat hier ebenfalls einen Androidenjungen namens David - plus einen Androiden-Teddy - allerdings liegt es daran, dass sie aufgrund der Überbevölkerung keine Erlaubnis erhalten, selber ein Baby zu bekommen. Das ändert sich im Laufe der Kurzgeschichte.

Gemeinsamkeiten gibt es durchaus auch. In beiden Geschichten liebt David seine "Mutter" Monica bedingungslos. In beiden Geschichten kommt es zur Trennung von David und Monica, jedoch aus sehr unterschiedlichen Gründen. An diesem Punkt sind die Unterschiede größer als die Gemeinsamkeiten.

 

Während der "Vater" Henry im Film kaum eine Rolle zu spielen scheint, nimmt dieser in den drei zusammenhängenden Kurzgeschichten "Supertoys Last All Summer Long", "Supertoys When Winter Comes" und "Supertoys in Other Seasons" eine weit größere Rolle ein und macht sogar eine (positive) Entwicklung durch. Die Kurzgeschichten sind weniger abgefahren und überspringen auch nicht plötzlich zweitausend Jahre, so dass die Geschichte konzentrierter und weniger zerfasert ist. Die Geschichten fokussieren nicht nur auf David, sondern stellen zunächst vor allem Monica und ihre Gefühle und später auch Henry ins Zentrum. Mir hat das sehr gut gefallen. Die Prämisse fällt daher etwas anders aus. Es ist weniger eine Pinocchio-Geschichte, auch wenn der Kurzgeschichten-David sich ebenfalls für einen richtigen Jungen hält und es ihn zunächst schockiert, als ihm klar wird, dass er ein Android ist. Ich mag auch die untergeordnete Frage in den Kurzgeschichten: Was ist eigentlich "real"? Ist ein Androide real, wenn er sich selber so fühlt?

 

Für meine Recherche war die Kurzgeschichte nicht das, was ich suchte. Hier gab es keinen Verlust und keine Trauer, die zu dem Wunsch nach einem Klon (oder einem Androiden) geweckt hat. Trotzdem bin ich zufrieden mit dem Tipp, da ich sowieso schon immer etwas von Brian Aldiss lesen wollte und mir die drei zusammenhängenden Geschichten sehr gut gefallen haben. Das SF-Setting ist so schön natürlich eingebettet und es gibt so viele schöne Ideen in Nebensätzen. Z. B. die Plastikflaschen und tote Fische im Meer. Oder, dass es keine Fenster zur Stadt hinaus gibt, weil die Aussicht unschön ist:

 

Embedded in other apartments, their apartment had no windows on to the outside; nobody wanted to see the overcrowded external world.

 

Insgesamt hat mir der Stil des Autors sehr gut gefallen. Es gelingt ihm an vielen Stelle, einiges anzudeuten. Die Geschichte ist gut verständlich, aber eben nicht mit dem Holzhammer. Henry reflektiert am Ende überraschend direkt über seine Fehler, aber das ist in Ordnung und liest sich auch überzeugend. Es gibt ein paar fast humorvolle Passagen, in denen klar wird, dass auch menschliche Liebe nicht perfekt ist. Das Ende ist sehr versöhnlich. Trotz des eher ernsten Themas gibt es auch einiges zu lächeln. Die Dialoge sind überzeugend, insgesamt ist es das Werk eines Profis und keineswegs der eher hölzerne Stil der sogenannten Ideen-Autor:innen, die es in der SF ja so oft gibt, die zwar tolle Ideen transportieren, aber eher flache Figuren beinhalten, geschweige denn von schönen Details zum Setting. Aldiss ist ein Autor, den ich mir durchaus mal häufiger gönnen werde.

Harte Fakten

Titel Supertoys Trilogy 
geschrieben von Brian Aldiss 
Erscheinungsjahr 1969 (Supertoys Last All Summer long) 
Seitenzahl 36 
Anzahl Geschichten
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1416126317725110272 

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