· 

The Stand - Serie Neuverfilmung nach dem Roman von Stephen King

Inhalt

Was man zuerst kennt, liebt man am meisten. Ich kannte den Roman bereits sehr gut, als ich die Verfilmung von 1994 anschaute. Damals passte mir Molly Ringwald als Frannie Smith zunächst überhaupt nicht. Mit der restlichen Besetzung war ich erstaunlich zufrieden. Auch nachdem ich die Verfilmung kannte, habe ich das Buch noch einige Male gelesen und gehört und mein persönliches Kopfkino ist von Gary Sinise als Stu Redman, Rob Lowe als Nick Andros und - vor allem - Bill Fagerbakke als Tom Cullen niemals wieder abgewichen.

 

So habe ich also gewartet und nachgedacht, bevor ich mich an die Neuverfilmung heranmachte. Natürlich kann man aus dem Roman "The Stand" noch ein wenig mehr herausholen als aus der früheren Verfilmung, auch wenn diese schon zu den richtig guten King-Verfilmungen gehört. Nicht ganz so gut wie "Die Verurteilten", "Stand by me" oder "Green Mile", doch deutlich über dem, was sie aus beispielsweise "Christine" gemacht habe. (Die erste Verfilmung von Carrie halte ich übrigens für besser als das Buch, aber über King-Romane und Verfilmungen könnte ich ggf. einen etwas zu langen Essay verfassen, wenn ich erst einmal in Fahrt bin.)

 

Ich habe also zunächst geprüft, wer so mitspielt. James Marsden (den ich heimlich immer Cyclops nenne) in der Hauptrolle - nun gut. Goldberg als Mutter Abigail ist interessant, viel interessanter kam mir jedoch Alexander Skarsgard als Randall Flagg vor. Als ich in der Darsteller:innen-Liste suchte, hat mich vor allem überzeugt, wie viele der Figuren aus dem Roman vorhanden sind, offenbar durfte ich mich auf eine wirklich ausführliche Verfilmung gefasst machen. Zwei der Romanfiguren, die vormals männlich waren, sind nun weiblich. Außerdem sind mehr Darsteller:innen schwarz. In der originalen Verfilmung war natürlich Mutter Abigail schwarz und der Richter Farris, hier kommt noch Larry Underwood eine Hauptfigur dazu, und Nick Andros ist Latino.

 

Ich bemühe mich, nicht alles als bekannt vorauszusetzen, vermute aber, dass man mehr von diesem Artikel hat, wenn man entweder den Roman oder die Verfilmung von 1994 kennt - oder auch diese hier bereits gesehen hat. 

 

Folge 1:Ende

Offenbar wird hier nicht am Anfang angefangen. Kein Soldat Campion, der mit Frau und Kind von seinem Standort flieht und dabei die Supergrippe verbreitet. Das kommt erst am Ende der Folge - was ich für dramaturgisch ganz cool fand. Mein "Mitschauer" fand die Szene unnötig, schließlich sei klar, dass Campion geflohen war und die Grippe verbreitet hat, das wurde ja implizit bereits erzählt.

Zu Beginn sind sie bereits in Boulder und räumen Leichen auf, so dass ich mich zunächst frage, ob ich die falsche Folge erwischt habe. Aber nein, der Rückblick folgt bald.

Folge 1 fokussiert auf die Geschichte von Harold Lauder. Es wird mehr aus seiner Sicht als aus Frannies Sicht erzählt, was einen deutlichen Unterschied zur vormaligen Verfilmung darstellt. Harold ist ja eine frustrierende Figur, was meinen Mitschauer dazu veranlasste, die Serie "unerfreulich" zu nennen. Dem muss ich zustimmen. Lebensbejahend und erfreulich ist das beileibe nicht.

Es hilft sehr, dass in dem anderen Erzählstrang der Folge Stu Redman im Mittelpunkt steht. Ich vermisse Gary Sinise, obwohl James Marsden einen guten Job macht und auch erstaunlich gut passt. Der klaustrophobischen Situation in der Quarantäne als Versuchskaninchen kann die Serie noch einige Aspekte hinzufügen, zudem zwei recht sympathische Nebenfiguren und einen Fiesling (den es allerdings in etwas erweiterter Form auch im Roman und in der ersten Verfilmung gegeben hat). Die Horror-Komponente der Flucht aus der Einrichtung ist hier allerdings sehr zurückhaltend.

Was alles andere als zurückhaltend ist, ist die Darstellung der Supergrippe. Auch in der 1994-Verfilmung sahen die Kranken nicht gerade lecker aus, der geschwollene, offenbar mit ekelhaftem Zeugs gefüllte Hals, der sogar bei Toten noch gruselige Geräusche erzeugt, ist allerdings eine Grusel-Idee, für die man die Macher:innen nur mit verzogener Nase bewundern kann. (Plus, es ist auch ein sinnvolles, klar abgrenzbares Symptom, was in der letzten Folge noch einmal wichtig wird.)

Der Loser und Stalker Harold Lauder wurde 1994 vom "Coolen von der Schule", Corin Nemec, dargestellt, was mich damals zunächst ebenfalls gestört hat, später hat die Darstellung mich aber überzeugt. Weder 1994 noch 2020/2021 wird Harold von einem übergewichtigen Schauspieler dargestellt. Da die Figur im Roman später stark an Gewicht verliert, habe ich dafür auch Verständnis, bedaure es aber erneut.

Der Harold Lauder von Owen Teague ist deutlich bemitleidenswerter und gruseliger als die Version von 1994. Schon in Folge 1 hat er eine richtig gute Szene, die ich für die gelungenste der Folge halte. Dadurch, dass nicht chronologisch, sondern mit Rückblicken erzählt wird, wird einiges der späteren Entwicklung von Harold bereits angedeutet, was möglicherweise die Spannung erhöht - uns Zuschauer:innen aber auch etwas fordert und (sofern man die Geschichte nicht sowieso auswendig kennt) auch irgendwie spoilert.

Goldbergs Mutter Abigail hat bereits eine kurze Szene. Die Darstellung von Randall Flagg macht es extrem spannend, aber einen kurzen Blick können wir schon von ihm erhaschen. Auf Alexander Skarsgard als Bösewicht freue ich mich wirklich sehr, obwohl ich Jamey Sheridan damals schon richtig gut fand in seiner Ambivalenz als charismatisches Ungeheuer.

Gut fand ich, dass die Geschichte in die jetzige Zeit übertragen wird. 1994 gab es noch keine Handys.

Der Altersunterschied zwischen Stu Redman und Frannie Smith ist schon recht groß. 

Gary Sinise war 1994 bereits 39 Jahre alt. Molly Ringwald war 26. Der Unterschied betrug 13 Jahre. 

James Marsden ist 48 Jahre alt. Odessa Young kam mir sehr sehr jung vor und ja, sie ist auch erst 23 Jahre alt. Im Roman war Frannie 21 Jahre alt. Wie alt genau Stu Redman ist, ist mir nicht bekannt. Vom Gefühl her sollte er schon in den Dreißigern sein. Edit: In späteren Folgen stört der Altersunterschied nicht mehr, fällt sogar kaum auf.

 

Folge 2: Pocket Savior

Rita Blackmoor hatte ich im Roman immer eher so um die fünfzig empfunden - in dieser Folge kam sie mir jünger vor. Doch die Darstellerin Heather Graham ist in der Tat fünfzig Jahre alt, wirkt nur jünger, was absolut zu der sehr wohlhabenden Figur aus dem Roman passt. Ich habe immer bedauert, dass die Figur der Rita in der 1994-Verfilmung fehlt und fand es daher sehr schön, dass sie in der Neuverfilmung ihre Szenen hat. 

Darüber hinaus werden einige andere Details aus dem Roman verfilmt, die vorher keinen Platz fanden. 

Der Darsteller für Larry Underwood hatte mir 1994 zunächst nicht gepasst, die Entscheidung für die aktuelle Serie leuchtet mir rasch ein und von Jovan Adepo bin ich rasch ein Fan. Es wirkt auch realistischer, wenn mehr als nur Richter Farris (im Original Schwarz, in der jetzigen Verfilmung weiblich und weiß) Schwarz sind.

Lloyd Henreid, 1994 dargestellt von dem inzwischen verstorbenen Miguel Ferrer hatte eine herrliche Ambivalenz, die für die Figur sehr gut gepasst hat. Es dauert ein wenig, bis Nat Wolff diese Ambivalenz erreicht, zunächst wirkt er einfach nur abstoßend.

Endlich hat auch Alexander Skaarsgard als Flagg seine erste Szene und wie erwartet ist er überzeugend, wenn auch fieser als damals Jamey Sheridan, weniger humorvoll, aber mindestens ebenso charismatisch. 

Ganz kurz erhasche ich auch einen Blick auf Nick Andros und Ray Brentner (Ralph Brentner ist nämlich hier ebenfalls weiblich) und bin gespannt, was noch kommen wird.

Harold Lauder überzeugt mich inzwischen sehr, während ich bei Nadine noch nicht genau weiß, was ich von ihr halten soll. Joe (Leo) erscheint mir jedenfalls sehr gut besetzt. (Edit: Dass sein richtiger Name Leo ist, wird aber nie aufgedeckt.)

Die Entscheidung, Larry und Rita in die New Yorker Kanalisation zu schicken statt durch einen Tunnel voller liegengebliebener Autos voller Leichen ist deutlich ekelhafter, aber auch vom Plot her überzeugender.

Es fällt auf, dass sich die Leute kaum Sorgen um Ansteckung machen, lediglich ein Gefängniswärter trägt einen Mundschutz. Würde man nicht viel mehr für Trennung, Quarantäne und Vorsichtsmaßnahmen sorgen? Klar, wir wissen, dass das bei Käpt'n Trips nichts nützen würde, aber die Leute wissen es ja nicht und könnten mehr versuchen, sich zu schützen.

Insgesamt jedoch ist diese Verfilmung bisher deutlich düsterer und weniger herzlich als die 1994-Verfilmung. Oftmals habe ich das Gefühl, jemand sitzt auf meiner Brust und ich kann es kaum ertragen. Die 1994-Verfilmung war zwischendurch herzerwärmend, der Zusammenhalt zwischen den Überlebenden in Boulder hatte etwas sehr lebensbejahendes. Ich hoffe, das kommt noch, sonst wird diese Verfilmung schwer zu ertragen.

 

Folge 3: Leere Seite

Gerade als ich schon denke, dass sich die Macher:innen dieser Neuverfilmung wohl zum Ziel gesetzt haben, nur die unerfreulichen Dinge auszuschmücken - Kannibalismus, Kreuzigungen, Mordpläne und aufgequollene Leichen - kommt doch noch zaghafter Humor durch. Das liegt vor allem daran, dass Glen Bateman (herrlich gespielt von Greg Kinnear, der mit Ende Fünfzig für die Rolle ja eigentlich viel zu jung ist) und Tom Cullen (völlig anders, aber auch gut auf seine Art) endlich auf die Bühne treten. Und selbstverständlich Kojak (der sich immer noch manchmal für Big Steve hielt, ja, ich kenne den Roman auswendig...), einer der wenigen Hunde, die die Pandemie überlebt haben. Diese Folge dreht sich in der Hauptsache um Nick Andros, der mit Henry Zaga meiner Meinung nach etwas besser besetzt wurde als seinerzeit mit Rob Lowe. Der 2020er-Nick wirkt ambivalenter, seine Taubheit ist bedrohlicher dargestellt, seine Güte kommt fast schon überraschend in einer sehr gelungenen Szene, als er seinem Widersacher beim Sterben beisteht, statt sich zu rächen oder ihn einfach zu ignorieren. Zwar bedauere ich, dass die Szenen mit dem Sheriff aus dem Roman oder auch der 1994er-Version hier fehlen. Auch der feige Arzt, der vor der Grippe fliehen will, statt zu helfen, kommt hier nicht vor. Doch insgesamt ist die Vorgeschichte von Nick auch so ausreichend, um eine Beziehung zwischen ihm und den Zuschauenden aufzubauen. Ich wage nur zu behaupten: So eng, wie die Bindung zu dem Nick aus dem Roman war, wird es auf diese Weise nicht. Nick war schon DIE Identifikationsfigur im Roman für mich, mehr noch als Frannie, mit der ich ja viel mehr gemeinsam habe. Einige Ängste von Nick in dem Roman, beispielsweise, dass womöglich nur Behinderte immun sein könnten, sind nun mal in einer Verfilmung schwer rüberzubringen.

Joe finde ich zunehmen interessant. Nadine ist ganz OK, aber die Chemie zwischen ihr und Flagg überzeugt mich nicht. Whoopi Goldberg kommt im Gegensatz zur 1994er Mutter Abigail irgendwie zu schnell zur Sache. Da fehlt die Langsamkeit für mich, die gut zu der Figur gepasst hat. Ansonsten passt Goldberg für mich gut, sie ist allmählich alt genug für die Rolle und die weißen Dredd-Locks sind natürlich unschlagbar.

Aber ja, insgesamt gibt es in dieser Verfilmung überdeutlich viele beklemmende Szenen, da habe ich Bateman und Cullen dringend als Auflockerung gebraucht. Ich kann nur hoffen, dass die Geschichte des Trash-Can-Mans ein bisschen augenzwinkernd erzählt wird und nicht so bierernst.

 

Folge 4: Das Haus der Toten

Eine Folge ganz ohne Flagg. Dafür habe ich Stephen Kings Cameo-Auftritt entdeckt: Auf einem Plakat für "Hemingford Home". Dass Mutter Abigail gefunden wird, hat eine ganz neue Dringlichkeit. In dieser Verfilmung sitzt sie nämlich ohne dringend benötigte Tabletten und inmitten von Leichen, die sie nicht in der Lage ist, wegzuschaffen, in einem Altenheim. Das halte ich für eine gute Idee, einen Gewinn für diese Version der Geschichte.

Inzwischen stört mich der Altersunterschied zwischen Stu und Frannie nicht mehr - vielleicht, weil Stu (bzw. James Marsden) wirklich jung wirkt. Ich vermisse auch kaum noch die alten Schauspieler:innen. Lediglich den 1994er Tom Cullen sehne ich manchmal herbei, auch das Drehbuch hatte 1994 die Figur irgendwie subtiler dargestellt. Wirklich gut gecastet ist Dana Jürgens und in dieser Version erhält sie auch ihre Szene mit dem fiesen Vergewaltiger, der in der 1994er-Version fehlt bzw. im Off erzählt wird. In dieser Szene bleibt vor allem Harold auch nicht gerade viel erspart.

Dieser Nick Andros überzeugt mich auch mehr und mehr, er wirkt verzweifelter, weniger glatt, einfach echter. Rob Lowe ist ein guter Schauspieler, aber zu Nick hat er irgendwie nie so recht gepasst. 

Die 1994er Julie Lawry war definitiv noch viel irrer als die 2020er Version. Die Dialoge waren im Roman und in der 1994er Version besser. Das Setting ist es jedoch hier. Jemand sagte mir bei Twitter, dass die 1994er Version gut besetzt gewesen sei, aber sie hätten eben nur ein kleines Budget gehabt. Das merkt man hier. Statt in einer kleinen Drogerie, spielt die Begegnung von Julie, Nick und Tom hier in einem verlassenen Möbelhaus. Eine wirklich gelungene Kulisse. Diese Julie Lawry wirkt aber so grundlos irre - wobei ich unsicher bin, ob sie im Roman oder 1994 denn einen guten Grund gehabt hat, zumal sie da deutlich irrer war (wenn auch nicht irre genug, um zu explodieren, wenn das Sonnenlicht auf sie trifft). 

Das größte Manko dieser Verfilmung ist für mich, dass nicht chronologisch erzählt wird, ich glaube, dass wäre so gut wie immer die bessere Entscheidung gewesen. Vielleicht würde ich das sogar grundsätzlich sagen, wenn man es nicht gerade so gut händelt wie bei L.O.S.T. (da wäre die Serie auch etliche Staffeln lang sehr langweilig gewesen, hätte man alles chronologisch erzählt und es hätte tatsächlich keinen Sinn ergeben, das zu versuchen).

Ja, die Serie the Stand zeigt viel unerfreuliches, aber auch gute Momente hat es wieder gegeben und auch spannende, sogar für jene, die die Geschichte bereits wirklich gut kennen. Sie finden allmählich ihren Rhythmus. Zeit wird's, die Staffel ist halb vorbei.

Oh, ach und eine Sache noch: Sexszenen in Filmen/Serien kann ich mittlerweile fast genauso schwer ertragen wie Gewaltszenen. Ich bin froh, dass die erste Annäherung zwischen zwei weniger sympathischen Figuren hier recht rasch vorbei war. Puh!

 

Folge 5: Angst und Schrecken in New Vegas

OK, der "neue" Harold hat mich endgültig überzeugt. Ich würde sogar fast so weit gehen, dass er der beste Schauspieler in dieser Serie ist.

Der "neue" Flagg hingegen enttäuscht überraschenderweise. Dabei kann Alexander Skaarsgard die ambivalenten Bösen doch sonst so gut! Siehe "Big little Lies" und "True Blood". Doch hier überzeugt er mich kein Stück. Erstaunlich wenig Charisma, wenig beängstigend - Jamey Sheridan war um Längen besser und passender.

Die entscheidende Szene zwischen Dayna Jurgens und Flagg in Vegas war in der 94er Version einfach genial - und hier bleibt sie kaum im Gedächtnis, was nicht nur an einigen Abweichungen im Drehbuch liegt. Dabei ist Dayna Jurgens extrem gut besetzt und hat vor dem Zusammentreffen mit Flagg bereits ein paar sehr überzeugende Szenen, so dass wir die Figur besser kennen. Es ergibt auch keinen Sinn, dass Dayna unbedingt Flagg treffen will. Wozu das denn? Mir hatte es auch besser gefallen, als Dayna noch eine Affäre mit Lloyd Henreid hatte, anstatt dass dieser etwas mit Julie Lawry hat. Übrigens: Lloyd ist deutlich zu wenig ambivalent und außerdem reichlich blöd, überzeugt mich nicht. Ich vermissen den alten. Außerdem frage ich mich, wo der Mülleimermann bleibt. Google versichert mir aber, der käme noch.

Die Darstellung von New Vegas, der Stadt, in der Flagg seine Anhänger:innen um sich scharrt, hat mich nicht überzeugt. Ich kann irgendwie nicht glauben, dass hunderte von Leuten da Orgien feiern, Sex haben und Gladiatorenkämpfe anschauen. In der Version von 1994, als alle Leichen weggeschafft haben, am Stromnetz gearbeitet haben und überhaupt irgendwie jede:r zu tun hatte und es klar eine straff organisierte Diktatur war, das fand ich folgerichtig. 

Gut fand ich alle Szenen mit Tom Cullen in New Vegas, das hatte etwas sehr authentisches und dennoch bedrohliches, leicht gruseliges. Obwohl Cullen deutlich weniger Szenen in dieser Verfilmung hatte, schlägt mein Herz für ihn. Ob das auch Zuschauenden so geht, die den Roman und die frühere Verfilmung kennen, kann ich nur raten. Ich vermute ja, denn mein Mitschauender fragte sich laut am Ende der Folge, was denn nun mit Cullen sei - ganz offensichtlich ist auch er an seinem Schicksal sehr interessiert.

Zurück in Boulder: Schön ist, dass endlich chronologisch erzählt wird. Die Nebenfigur des Teddy Weizak ist auch sehr gelungen, mit wenigen Szenen wurde er uns sympathisch gemacht, deutlich mehr als in der früheren Verfilmung (die ja mehr eine Cameo-Chance für Stephen King war) oder im Roman. 

Ich sehe ein bisschen zu wenig vom Kind Joe und hoffe, da kommt noch was.

Nadine finde ich inzwischen deutlich weniger gelungen. In der 1994er Verfilmung (und auch im Roman) war sie zwar deutlich auf der bösen Seite, doch konnte ich sie auch als Opfer sehen und Mitleid empfinden. Hier ist sie im besten Falle strange. Auch ihr Verlangen nach Larry war in den anderen Versionen dieser Geschichte überzeugender.

Larry hingegen finde ich passender. Mit dieser Version von Stu und Frannie habe ich mich auch angefreundet.

Whoopi Goldberg als Mutter Abigail finde ich in Ordnung. Ray Brentner hat aber (bisher) so wenige Szenen, dass sie keinesfalls den wundervollen Ralph Brentner ersetzen kann, den ich immer auf Anhieb sympathisch fand und den ich nun schmerzlich vermisse.

Was Spannungskurven betrifft, muss sich dieses Drehbuch allerdings nicht verstecken. Da gibt es einiges zu fiebern, selbst für jene, die die Geschichte bereits kennen.

 

Folge 6: Die Nachtwache

Nun, Ezra Miller wäre an sich in Ordnung für den Mülleimermann, aber die Szenen mit ihm sind wirklich sehr, sehr krass. So krass, dass ich Angst hatte, ich muss gleich ausschalten. Irgendwie war mir immer klar, dass der Mülleimermann sich auch auf sexuelle Art und Weise von Feuer angezogen fühlt, aber es war irgendwo in meinem Hinterkopf, hat sich nie nach vorn gedrängelt. Der Mülleimermann hat in dieser Verfilmung deutlich weniger Bühnenzeit als in jener von 1994 (man wird sehen, wie es denn am Ende funktioniert). Ich fand es kaum zu ertragen.

Gut war der (recht kurze) Auftritt von Clifton Collins junior als Bobby Terry. Collins junior habe ich kürzlich erst in Westworld in einer sehr überzeugenden Rolle gesehen und die fünf Minuten, in denen er hier auftrat, hat er sehr gut ausgefüllt. 

Die gesamte Story um Tom Cullen in New Vegas ist deutlich besser und spannender auserzählt, ein Gewinn für die Geschichte. Allerdings einer der wenigen, wenn ich das sagen darf.

Der Plan von Harold und Nadine zur Nachtwache war im Roman und auch in der 1994er Verfilmung spannender. Auch wenn hier bei den Szenen klar wurde, dass mehr Budget in die Hand genommen werden konnte.

Owen Teague als Harold Lauder spielt mittlerweile jede und jeden an die Wand. Von diesem Schauspieler dürfen wir wohl noch einiges erwarten. Amber Heard als Nadine hingegen finde ich uninteressant.

Überrascht bin ich davon, wie wenig mich Alexander Skarsgard als Flagg begeistert. Da hatte ich deutlich höhere Erwartungen.

 

Folge 7: Der Weg

Die Parallelen zur 1994er Verfilmung sind sehr hoch. Einiges wird womöglich etwas mehr beleuchtet und die Sexszene zwischen Nadine und Flagg ist (zunächst) erstaunlich harmlos. Die Veränderung von Nadine nach dem Sex mit Flagg ist anders als in früheren Versionen der Geschichte, aber nicht weniger gruselig. Ihre Haare werden weiß, was weniger auffällig ist, da Nadine vorher ja blond war. Aber was so in ihrem Gesicht und ihrem Bauch geschieht, ist krass.

Ich denke, dass diese Version der Geschichte hier nichts hinzufügt, das nicht schon da gewesen wäre. Sie entfernt aber auch nichts wichtiges.

Etwas unklar finde ich, wie der Mülleimermann irgendwo im Nirgendwo in einer Militärstation ein paar Tonnen Betondeckel zur Seite schiebt. Aber vermutlich war das auch in früheren Versionen der Story auch schon unklar.

 

Folge 8: The Stand

Das ist quasi schon der Showdown (danach kommt ja eigentlich nur noch Nachgeplänkel, in der letzten Verfilmung also vielleicht fünfzehn Minuten). Der hat dann in der Tat noch etwas zu bieten. Es hätte wohl auch wenig Sinn ergeben, einfach genau dieselben Szenen zu verwenden nur mit neuen Gesichtern. Da haben die Macher:innen sich schon etwas einfallen lassen, das zu diesem New Vegas gut passt. Das Bröckeln der Gemeinschaft in New Vegas wird durch die drei verbliebenen Leute aus Boulder aufgedeckt und Glen erhält ein paar tolle Szenen in der Öffentlichkeit, die ihm besser stehen als der einsame Streit mit Flagg hinter Gefängnisgittern, wie es in der letzten Verfilmung geschah. 

Auch der Mülleimermann erhält seine Szene und der Finger Gottes ist nicht ganz so "finger-mäßig", aber durchaus mehr als ein zufälliges Naturphänomen. Man sieht auch, dass sie Geld in die Hand genommen haben. Anstatt nur "Puff" wird da echt viel durch die Gegend geblitzt und gedonnert.

Es gab ein paar schwer zu ertragende Szenen, aber insgesamt hat mir der Showdown ganz gut gefallen. 

Die Dynamik zwischen Larry und Ray war nicht ganz so überzeugend wie die zwischen Larry und Ralph Brentner in der letzten Verfilmung, insgesamt hätte Ray vorher einfach mehr Bühnenzeit gebraucht.

 

Folge 9: Der Kreis schließt sich

Phantastik ist für mich völlig okay. Nur sollten die Regeln am Anfang feststehen. Ich mag es nicht, wenn es acht Folgen lang auf lichte, weisende Träume über Mutter Abigail und ein wenig Magie auf Seiten des Dunklen Mannes beschränkt ist und plötzlich am Ende ist eine jüngere Version von Mutter Abigail plötzlich extrem mächtig und kann extrem verletzte Körper heilen. Das war unnötig. Das hat mir nicht gefallen, das wird dann unglaubwürdig und ich kann die Handlung nicht mehr ernst nehmen, weil ich mich auf nichts mehr verlassen kann.

Diversität

In dieser Verfilmung ist der Soldat Campion schwarz. Larry ist ebenfalls schwarz.

 

Einige der Figuren sind nun auch weiblich, obwohl sie im Roman männlich sind, wie Richterin Ferris und Ray (statt Ralph) Brentner. Ray Brentner ist außerdem am. Ureinwohnerin.

Harte Fakten

Titel The Stand 
entwickelt von Josh Boone und Benjamin Cavell 
nach einem Roman von Stephen King 
Erscheinungsjahr 2020 
Anzahl Staffeln/Folgen Eine Staffel, 9 Folgen
Original Twitter Tweet  

Kommentar schreiben

Kommentare: 0