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Pandemie - Anthologie des Hirnkost Verlags

Harte Fakten

Titel  Pandemie
Autor*innen  siehe Details
Erscheinungsjahr  2020
Seitenzahl  462
Anzahl Geschichten  33

Inhalt

Fazit für Eilige

Hartgesottene können das vielleicht in einem Haps lesen. Ich konnte nie mehr als drei Stories am Tag lesen. Die allermeisten sind dafür einfach zu schrecklich. Die meisten auf eine gute Weise. 

Vieles ist medizinisch und biologisch fundiert, nicht alles dreht sich um Covid-19 (bei weitem nicht alles!), einiges spielt in der Zukunft, wenige Stories sogar in der Vergangenheit.

Alles in allem eine intelligente und fesselnde Anthologie. Ein Buch so dick, man könnte den Kater damit erschlagen. Ich habe einige Wochen darin gelesen.

 

Ich mach mal meine Top-Four:

Henrik Wyler: ENCE (die hat mich tagelang beschäftigt)
Nicole Rensmann: Acht Minuten Leben

Thomas Neu: Wenn der Regen langsam fällt
David Daubitz: CAesar - Fragmente eines Forschungstagebuchs

 

 

Michael Kootz: Kummerkonzert

Das ist keine SF, keine Dystopie. Deswegen steht es wohl auch außerhalb der anderen Stories, nicht in einer der Kategorien. Das ist unser ganz normaler Corona-Alltag. Drei Menschen, Opa, Mama und Sohn/Enkel. Gut geschrieben, gelungener Konflikt.

 

Schlimmer geht immer

Robert Schweizer: SARS-CoV-3

2023/2024. Wir haben Covid nicht besiegt. Die Alten werden eingepfercht, in Ghettos, ohne Kontakt zur Außenwelt. Ein Ehepaar muss sich trennen. Er geht runter, sie ist zu jung und muss bleiben. 

Es ist hart, kommt noch härter. Irgendwann dreht sich das Virus um - es sind nicht mehr die Alten, die besonders bedroht sind. Nun sind es die Kinder.

Nach der heftigen Story, bei der ich ganz nah an die Charaktere herankomme, muss ich erstmal Pause machen mit Horrorszenarien.

Eine von jenen Stories, die auch rückblickend gut im Kopf bleibt.

 

Armin Möhle: Wir sind für Sie da!

Eine ziemlich fiese Zukunftsvision, bei der ältere Menschen gnadenlos abhängig sind von virtuell gesteuerte MedBots - die bis zu einem gewissen Alter gepflegt werden. Die Allrounder können alles, Hüftschmerzen eleminieren und Krebs in Schach halten. Nur wenn sie nicht mehr funktionieren, wird es haarig. Durch eine Pandemie kommt alles durcheinander, die MedBots setzen aus - und der Protagonist wird erpressbar.

Ziemlich krasser Stoff, sehr düster.

 

Bernhard Grdseloff: Antivirus

Jetzt habe ich schon so oft "beklemmend" geschrieben - diese Story ist es auch. Zwanzig Jahre nach Covid-19 gibt es mindestens vier neue, total andere Viren. Pandemien sind an der Tagesordnung. Dementsprechend hat sich auch das Stadtbild verändert. Die Menschen. Regeln haben sich etabliert. Workflows sind eingeführt worden. Das Leben orientiert sich so, dass man generell möglichst wenig Kontakt zu anderen Menschen hat. Alles wird desinfiziert. Es gibt quasi kein öffentliches Leben mehr. Wir lernen den Protagonisten, einen Halbchinesen, kennen. Dessen Vergangenheit langsam aufgeblättert wird. Mit einigen sehr interessanten Aufdeckungen zwischen den Zeilen.

Obwohl nicht viel passiert, extrem spannend. Mit sehr gutem Schluss.

 

Henrik Wyler: ENCE

Das ist nicht mehr nur beklemmend, das ist eine Gruselgeschichte. Und zwar eine irre. EIn extrem intelligenter Mann, der an Quantencomputern forscht, führt Tagebuch. In Irland häufen sich Unfälle, menschenverursacht. Später stellt sich heraus, ein Virus ist verantwortlich, eines, dass den menschlichen IQ deutlich herabsinken lässt. Es dauert nicht lang, dann merkt man es den Tagebucheinträgen auch an. Die Idee ist voll ausgereizt, auf perfekte Art und Weise und erstaunlich kleinem Raum.

Eine der effektivsten Geschichten der Anthologie und eine, die Stephen King locker das Wasser reichen kann (und ich bin seit dreißig Jahren absoluter Fan von King).

 

Thomas Kolber: Mens sana in copore sano

Zukunftsszenario. Seuchen sind gang und gäbe. Alles wird stehts desinfiziert. Körperlicher Kontakt zu anderen ist kaum mehr denkbar. Das läuft alles via Avatar. Marvin muss allerdings zur Arbeit und kann nicht im Home Office arbeiten, weil er für einen Start-Up tätig ist, der eine spezielle Bandbreite benötigt. Die Kurzgeschichte schildert seinen Weg zur Arbeit durch eine neue, fremde Welt und bietet einige Überraschungen, zudem eine fast witzige Pointe.

 

Marianne Labisch: Einsichten

Lenina, ein Einzelkind, verwöhnt, um die dreizehn Jahre alt. Eve, bei strenger Ein-Kind-Politik als zweites Kind geboren,im Müll entsorgt, von einer Obdachlosen gefunden und aufgezogen.

Unterschiedlicher geht es kaum.

Beide treffen sich im Zoo - Leninas Eltern haben sie dort vergessen. Als keine andere Lösung funktioniert, nimmt Eve sie mit zu sich: unter die Brücke zu den anderen Obdachlosen.

Nun - das Setting und das Ende haben etwas, auch die angerissene dystopische Welt, die sich hier mehr erahnen lässt als dass man sie genau vorgebetet bekommt. Das gefällt.

Die Jugendlichen klingen auch recht echt, so idealistisch oder eben auch zynisch man in dem Alter sein kann.

 

Heidrun Jänchen: Wenn der Pangolin stirbt

Florence ist eine sehr sympathische Protagonistin. Die interessiert sich für ausgestorbene Tiere und welche, die sehr bedroht sind. Ist sauer, weil die explodierende Weltbevölkerung - in der Welt dieser Story 12 Milliarden - kaum noch Lebensraum für Tiere übrig lässt.

Daher beißt sie an, als Ben ihr vorschlägt, ein Virus zu designen. Eines, das bei der Fruchtbarkeit ansetzt. Sie wollen das Y-Chromosom angreifen. Dann werden weniger Männer geboren.

Sie wollen an einem bestimmten Teil der Welt einsetzen, der sich besonders stark vermehrt, denn sie wollen ja nicht alle Männer ausrotten.

Ich hatte in paar Ideen zum Fortgang, doch es kam ganz anders. Eine beunruhigende Geschichte, im Vergleich zu anderen Szenarien in diesem Buch aber fast harmlos.

 

Hans Jürgen Kugler: Die Insulaner

Das Setting schreit eigentlich mehr nach einem Roman als nach einer Kurzgeschichte. Den Untergang des größten Teils der Menschheit hätte ich mir detailreicher und actionreicher gewünscht. Das ist natürlich im Rahmen einer Kurzgeschichte nicht zu leisten. Wie die Menschen auf wenige hunderttausend dezimiert wurden und daher vertstreut in Frieden leben, Jahrhunderte zurückgeworfen in der Entwicklung - nicht uninteressant!

 

Wir(r) sind Virus!

Werner Zwillig: Der Klient

Jetzt wissen wir endlich, wem wir Corona zu verdanken haben! Nur Spaß. Passt aber zur Geschichte, die tatsächlich auch eine der leichtfüßigeren in diesem Band ist. Der Ich-Erzähler erhält einen neuen Klienten. Dieser behauptet, Dinge geschehen lassen zu können. Eher unbewusst. Unfälle, nachdem er mit jemandem Ärger hatte. Durch die Therapie lernt er, diese Dinge gezielter zu steuern. Mit bekanntem Ausgang...denn schließlich gibt es zu viele Menschen auf dieser Erde, richtig?

 

Christian J. Meier: Stich

Eine der spannendsten Stories dieser Sammlung. Die Welt ist geteilt in Immune und Anfällige. Das Khan-Virus ist tödlich. Rochus ist einer der wenigen Anfälligen mit echt gutem Job in einem Bio-Labor. Er arbeitet mit Stechmücken. Mit  klarem Ziel.

Es gibt zwei, wenn nicht sogar drei unerwartete Wendungen. Mehr kann man eine Geschichte auf so engem Raum nicht füllen.

 

Ute Wehrle: Rache ist süß

Eine von den Geschichten, bei der ich als Leserin erst meine, genau zu wissen, worauf es hinausläuft - und dann kommt es anders. Schön gemacht! 

 

Anne Grißer: Landpartie

Großartig. Und das, obwohl es in der zweiten Person Singular verfasst ist. Aber hier passt diese Perspektive sehr gut. Jemand bricht in eine Villa ein, tötet den Hund, kehrt mit der Beute nach Hause um. Doch inzwischen ist aufgrund eines Virus die Grenze dicht. Es kommt nur rüber, wer dort wohnt. Er (du) wohnt zwar da, aber er kann sich das Auto nicht durchsuchen lassen. Kehrt um. Zurück zur Villa. Der Besitzer kommt nicht wieder, der sitzt aufgrund des Virus irgendwo fest. Bald schon kommt der Protagonist Kontakt mit dem älteren Ehepaar, das die Villa betritt. Er gibt sich als Enkel des Besitzers aus. Und so geht eine Wandlung mit ihm vor, während der Zeit, in der aufgrund des Virus alles auf den Kopf gestellt ist. Er gehört dazu. Er hat Freunde. Doch irgendwann ist sie vorbei, diese Zeit. 

 

Alexa Rudolph: Der Tod auf vier Pfoten

Katzen gibt es nicht mehr. Sie übertrugen die Katzenseuche und wurden ausgerottet. Ein Lecken oder Kratzen kann tödlich für Menschen sein. Marlene und Herr König im Seniorenheime sind Freunde. Er vertraut ihr an, er habe eine Katze. Tatsächlich? Die gibt es doch nicht mehr. Doch tatsächlich. Sie wohnt draußen, er füttert sie, ist vorsichtig mit ihr. Doch eines Tages kommt es natürlich doch zu einem Vorfall. Und zu einem wahrhaft gelungenem Schluss. 

 

Michael Siefener: Pandeamonie

Was für eine Gruselgeschichte. Pandemie, ok, das kennen wir, so weit, so gut. Nur tödlicher, ansteckender. Der Protagonist bleibt seit zwei Monaten zu Hause. Dann aber ist plötzlich das Radio tot - sowie TV, Telefon und Laptop. Draußen sind auch keine Menschen mehr zu sehen. Es spitzt sich zu, bis zur Auflösung - die erlöst mich aber keinesfalls. Gute Pointe, sehr gut geschrieben. Der könnte ein Horrorautor sein. Oder werden.

 

Karlheinz Schiedel: Tod einer Gutmenschenschlampe

Das hat mich irgendwie nicht ganz überzeugt. Vielleicht habe ich etwas verpasst? Hier wird protestiert. Aktiver Terrorismus. Oder? Zu Zeiten einer Pandemie.

 

Rainer Storm: Pantognosía ... oder: Erinnerungspathologie

 

Was für eine Idee! Ich arbeite ja in der digitalen Langzeitarchivierung, Speicherung von Daten auf DNA ist mir also nicht allzu fremd (nun ja, sehr in der Theorie, zugegebenermaßen). Der Anfang der Story ist noch etwas holprig, aber als ich begreife, worum es geht, bin ich gefesselt. Ein Virus, der dafür sorgt, dass Wissen in unser Gehirn kommt. Erinnerungen aller Menschen. Da werden wir ja wie die Yrr bei Schätzings Schwarm. Nur, dass unser Gehirn begrenzte Kapazitäten hat - wie schade.

Toller Schluss!

 

Die Liebe in Zeiten der Corona

Christian Endres: Die Prepper-Prinzessin

Cooler Titel. Der Protagonist hat einen Lieferservice. Prä-Corona lief es nicht sonderlich, doch seit der Pandemie, die im Setting der Story bereits seit achtzehn Monaten wütet, konnte er sogar expandieren.

Der Anfang der Story stellt das Setting klar, führt die Figur ein und lässt dem Lesenden die Gelegenheit, sich an eine Welt zu gewöhnen, die bereits seit eineinhalb Jahren im Ausnahmezustand mit Lockdownwellen lebt. Kein Wunder, dass einige dabei ein bisschen irre werden. Die richtige Action kommt dann in der zweiten Hälfte der Geschichte. Das Ende hat es dann in sich.

 

Nicole Rensmann: Acht Minuten Leben

Extrem spannend. Die Protagonistin möchte eigentlich nur Zeit mit ihrer ersten Liebe Michael verbringen. Dann:  Covid-82. Eine tolle was-wäre-wenn-Frage. Was wäre, wenn Covid nicht 2019 begonnen hätte, sondern 1982, in den Zeiten vor dem Internet, vor den zuverlässigen Webseiten des Robert-Koch-Instituts? Alleine diese Frage hätte mir schon gereicht, um die Story lesenswert zu machen, doch es kommen noch einige Dinge dazu in dieser äußerst fesselnden Kurzgeschichte. Der paranoide Vater, der sie kaum noch hinaus lässt. Die Fahrt durch die damalige DDR nach Berlin zum RKI. Die Tiere. Die deutlich krasseren Auswirkungen von Covid-82 im Vergleich zu Covid-19. Einige Szenen erinnern an Stephen Kings the Stand, unter anderem die Radioshow. Das Ende ist gut durchdacht und auf seine Art befriedigend (auch wenn sich das niemand hier wünscht).

 

Karla Weigand: Der Zimmerer-Sepp und die schöne Unbekannte

Der Zimmermann Sepp hat eigentlich keine Freundin. Obwohl er mit 45 ja durchaus längst Familie haben könnte. Dann zieht die schöne Unbekannte bei ihm ein und ist sofort Dorfgespräch.

Vor allem der Anfang hat mir gut gefallen. Dann werden mehr und mehr Fragen beantwortet, am Ende dann ALLE Fragen und na ja - das ist durchaus irgendwie befriedigend, aber mich persönlich hat das Ende nicht so angesprochen.

 

Vladimir Hernández Pacín: Nemesis

Ein herrlicher Plot, eine nachvollziehbare (und sehr böse) Protagonistin. Sie klügelt einen Virus aus, für einen ganz bestimmten Teil der menschlichen Bevölkerung und setzt ihn in Umlauf, mit großem Erfolg.

Aber: ein bisschen ist die gute Idee verschenkt. Statt szenischer Beschreibungen gibt es die Story mehr oder minder als Zusammenfassung. Fast jeder Moment ist narrativ zusammengefasst, es gibt keinen Dialog, kaum eine Szene wird gezeigt. Dadurch werden auch die Sinne nicht angesprochen. Dabei birgt der Plot unglaubliches Potenzial für echt gute Szenen. Für Spannung, die kaum auszuhalten ist. Gut und gern fünfmal so lang hätte sie ja auch sein können. Sehr schade um die tolle Idee.

 

Fake-News

Michael Hirtzy: Blick zurück in Freude

Irgendwann nach dem Winter 2020/2021. Erik und Sven unterhalten sich. Hier gibt es Dialog vom Allerfeinsten. Ich lese so nach und nach heraus, was seit Ausbruch der Pandemie passiert ist. Beunruhigend. Gedankenspiele, die mir selber nicht ganz fremd geblieben sind.

Sehr unterhaltsam rennt die Geschichte auf eine richtig gute Pointe zu.

 

Michael Tillmann: Wie ein Ausraster eines chinesischen Provinzbeamten versehentlich die Menschheit rettete

Setting: China, nahe Wuhan. Ein Kontrolleur hat die undankbare Aufgabe, den Einheimischen nahezubringen, dass sie Nutztiere und Wildtiere nicht mehr mischen sollen und sich auch selber an Hygieneauflagen halten müssen, wenn sie mit Tieren arbeiten. Aber was, wenn die Menschen seit Generationen nichts anderes gewohnt sind und davon leben? Ohne echte Alternative?

Die Pointe sitzt.

 

Monika Niehaus: Planspiele

Das hat mir richtig, mächtig viel Spaß gemacht zu lesen. Prüfungssituation: Wie mit Pandemieausbrüchen, mit kriegerischen Handlungen umgehend? Alles nur virtuell. Da bekommt der Kollege der Protagonistin die ausweglose Situation an die Hand, Krieg Mars gegen Erde, keine Chance auf Verbündung. Es soll nur testen, wie er mit dieser Situation umgeht, eine Art Persönlichkeitstest. Niemand erwartet, dass er das Problem löst. Doch er hat eine Idee. Ebenfalls tolle Pointe, musste sehr grinsen.

 

Jörg Weigand: VIP - auf ewig

Ein siebzehnjähriger Friedensaktivist wird von Aliens entführt. Diese haben ein klares Ziel, das sie mithilfe eines Virus erreichen wollen.

Die Geschichte erinnert mich von der Prämisse her an eine Kurzgeschichte von Stephen King. "Das Ende des Schlammassels" aus Alpträume. Auf eine gute Art.

 

Thomas Neu: Wenn der Regen langsam fällt

Krasses Szenario. Leute, wir haben es gut! Ein bisschen Stoffmaske beim Einkaufen, das ist ja gar nichts. Hier müssen sich die Leute von Kopf bis Fuß in Schutzanzüge und Helme hüllen, wenn sie raus wollen. Ohne Schutz können sie überhaupt nur innerhalb der Familie im eigenen Heim sein. Der Virus ist so mutiert, dass Fremde ansteckend und potenziell tödlich sind - und leider auch die Natur.

Der Protagonist ist nach Ausbruch des Virus geboren und zum ersten Mal verliebt. Seiner Freundin darf er aber nicht ohne Anzug nahe kommen. Inzucht, Enthaltseimkeit, Tod, das sind die unattraktiven Möglichkeiten der inzwischen geschlechtsreifen Jugendlichen.

Doch dann nimmt Henry Kontakt zu ihm und seiner Freundin auf. Er lebt ohne Schutzkleidung abseits der Stadt. Behauptet, der Virus sei mittlerweile weg. Gibt es also Hoffnung?

Sehr sehr schön geschrieben. Toller, folgerichtiger Schluss.

Ich bin wieder dankbar, "nur" in Zeiten der Corona zu leben.

 

Frank Neugebauer: Superphagus - Die Rückkehr des Sohnes

Ein Sohn kehrt nach Hause zurück. Vier Jahre war er im Krieg. Der Vater kam nicht zurück. Die Mutter ist dort mit seinen deutlich jüngeren Geschwistern. Der "zweite 2. Weltkrieg" tobt seit siebzig Jahren, gegen die Sonis.

Die Atmosphäre ist extrem überzeugend. Sehr spannend.

 

Was vom Ende übrigbleibt

David Daubitz: CAesar - Fragmente eines Forschungstagebuchs

Die Ich-Erzählerin des Forschungstagebuchs ist Wissenschaftlerin und forscht an der Unsterblichkeit: Die Transplantation von Gehirnen in Androide. Begonnen wird mit Ratten. Das Fortschreiten des Projekts mit vereinzelten Rückschlägen, Kursänderungen und Erfolgen liest sich extrem spannend. Hier wird alles zu Ende gedacht. Ich würde zu viel spoilern, wenn ich mehr schriebe, also schreibe ich: Lest diese Story, wenn ihr euch für extrem gut geschriebene Hard SF, Singularität, Transhumanismus etc. begeistern könnt.

Grenzgeniale Story, die vom Inhalt her (wenn auch nicht vom Stil her) sogar an Lem erinnert. Ein höheres Lob habe ich nicht.

Und wie folge ich jetzt dem Autor? Ist es der hier? (Laut Autoreninfo ist das wahrscheinlich)

 

Andrea Timm: "Papa, wie lange noch?"

Ein Virus ist nicht das einzige Problem, dass auf Erden herrscht. Klimawandel, Kälteperioden, Unwetter, Holz wird knapp. Tom darf mit seinen Kindern Leyla und Josua los, in einem riesigen Weltraumschiff auf den Weg zu einem anderen bewohnbaren Planeten.

Die Geschichte erinnert ein wenig an Ken Liu. Das Thema ist zwar nicht neu, aber doch spannend erzählt und vor allem wird der Ich-Erzähler menschlich und nachvollziebar.

 

Wolf Welling: DomusDisease (DD)

Bedrückend. DD wird davon ausgelöst, sich in oder zu nahe an Häusern aufzuhalten. Also leben die Menschen nun eher in Wohnwagen oder notdürftigen Behausungen. Der Ich-Erzähler lebt mit seinem Vater zusammen, der jedoch krank ist - Husten, der wahrscheinlich nichts mit DD zu tun hat.

Die Geschichte ist beklemmend und liest sich sehr spannend. Die Art der Pandemie ist originell und hat zwangsläufig sehr krasse Auswirkungen auf das tägliche Leben.

 

Uwe Neuhold: Tag Null

Das eindrucksvollste Bild des Bandes finde ich hier:

"In der Wärme des Herbstes zogen sie [die Leichen] so viele aasfressende Insekten an, dass die Stadtviertel nachts phosphoreszierend leuchteten."

Es geht hier nicht um Corona, Corona ist Vergangenheit, wenn auch nicht allzu ferne Vergangenheit. Man hat etwas daraus gelernt, wenn auch nicht genug.

Hier wird eine neue Pandemie betrachtet und zwar auf eindrucksvolle Art und Weise: Rückwärts von Tag 244 bis runter zu Tag 0. Wir wissen also zunächst nicht, was für eine Pandemie es war und wie sie sich verbreitet hat. Vor allem das erste Drittel und das letzte Drittel sind extrem spannend und vor allem erbarmungslos gut geschrieben. Hat mich sehr gefesselt.

 

Renate Schiansky: Disruptive Probioten

Upps, das war kurz. Schade. Hat mir sehr gut gefallen. Die Ich-Erzählerin (oder der Ich-Erzähler, das Geschlecht spielt keine Rolle) und zwei andere sind die letzten Menschen in der Stadt. Man vergisst. Erinnerung verschwindet. Dazu passt auch der kurze Text und der aprupte, gut gelungende Schluss.

 

Uli Bendick: Im Zweifel für den Angeklagten

Das letzte Stück in der Anthologie ist genau das: Ein Theaterstück. Hier sind ungewöhnliche Charaktere personifiziert wie die Erde (Mutter Erde, GAIA) oder das Virus (Sars CoV 29).  Aißerdem gibt es Darwin und Marx. Es geht nicht um "unser" Covid-19, sondern einen Nachfolger, einem, leider, besser ausgestatteten Exemplar. Das Setting ist hier ein Gerichtsverfahren. Die Idee ist ausgesprochen originell.

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