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Wonderlands. Die fantastischen Welten von Lewis Carroll, JKR, Stephen King, J.R.R. Tolkien u. a.

Inhalt

Angesichts meines SuBs und vor allem meiner umfangreichen Merkliste ist klar: Das Leben ist zu kurz. Ich kann nicht alles lesen. Aber was sollte ich lesen - was sollte ich zumindest dem Namen nach kennen?

Dieses Buch bietet eine erstaunlich vielfältige Anzahl von lexikonähnlichen Einträgen zu Romanen, die sich allesamt dadurch auszeichnen, dass sie nicht in unserer Welt spielen. 

Klar, ein paar sehr mainstreamige Bücher wie Harry Potter und Herr der Ringe fehlen natürlich nicht, aber es gibt auch einiges zu entdecken und die Auswahl beschränkt sich keineswegs nur auf dem anglo-amerikanischen Markt (auch wenn dieser überwiegt). 

 

Hier hatte ich wochenlang immer mal wieder etwas zum Schmökern, teilweise sogar gemeinsam mit unserer fast sechsjährigen Tochter, denn es werden auch nicht wenige Kinder- und Jugendbücher besprochen, von denen sie eine Handvoll sogar kennt.

 

Gleich vorweg: Über Harry Potter weiß "Wonderlands" nichts neues zu sagen und auch über mein Lieblingsbuch "Der Dunkle Turm" von Stephen King weiß ich als eingefleischter Fan schon etwas mehr. Doch es gibt massig Zusammenfassungen und interessante Hintergrundinformationen, teilweise auch sehr erhellend selbst wenn man die Bücher kennt. "Der Report der Magd" und auch "1Q84" habe ich beispielsweise gelesen, aber trotzdem sind mir einige Aspekte entgangen, die in den gut recherchierten Lexikon-Einträgen dargelegt werden. Die sehr unterschiedliche Tiefgründigkeit der einzelnen Artikel erklärt sich auch durch die zahlreichen Autor:innen, die zu diesem Werk beigetragen haben. Das hat keineswegs alles eine einzige Person gelesen, geschweige denn geschrieben. (Diese Rezension listet alle Autor:innen auf, dafür ist diese hier ausführlicher.)

 

Bevor ich zu mir bereits bekannten Werken komme, arbeite ich mich durch Einträge von Mythen und Legenden, von denen ich zwar schon gehört und gelesen, die ich aber keineswegs im Primärtext gelesen habe. Zunächst wird die Zeit vor 1700 bearbeitet und ich fühle mich ein wenig wie in einem anspruchsvollen Literaturseminar. Der Gilgamesch-Epos, die Odyssee - das werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr lesen, umso netter ist es, dass die Werke hier zusammengefasst werden (derartige Klassiker auch nicht spoilerfrei, im Gegensatz zu den neueren Werken, die in der Regel auf Spoiler verzichten). Es wird einem auch klar, wie viel JKR in alten Mythen geklaut hat, beispielsweise bei Ovids "Metamorphosen", daraus stammt zum Beispiel auch Fluffy, der dreiköpfige Hund (btw, was ist eigentlich aus Fluffy geworden, der kam nie wieder vor, oder?).

 

Der zweite Teil (von 1701 bis 1900) bietet dann beispielsweise Gullivers Reisen, Die Schatzinsel und die Zeitmaschine. Es gibt nur wenige Werke aus dieser Zeit hier, von denen ich bisher nicht gehört hatte (nun, eigentlich nur Abbotts "Flächenland"), wenn ich auch nur circa die Hälfte von dem gelesen habe. Ein bisschen verwundert bin ich aber von "Die Schatzinsel". Klar, es ist ein total erdachter Abenteuerroman, aber der hält sich doch an die Naturgesetze und die uns bekannte Welt, oder?

 

Kapitel 3, "Das goldene Zeitalter der Fantasy" (1901 bis 1945) bietet mir dann doch einige Neuheiten, aber auch sehr bekannte Klassiker wie Peter Pan oder der kleine Prinz. Hier gibt es auch durchaus russische, deutsche und südamerikanische Prosa, die zu Wort kommt.

 

Kapitel 3, "Neue Weltordnung" (1946 - 1980) geht dann richtig in die Vollen. Narnia, Herr der Ringe, 1984, Nivens Ringwelt, "Dhalgren" von Delany, Butlers "Kindred" und auch Ursula Le Guins "Der Magier von Erdsee" werden besprochen. Daraufhin und weil ich einen spannenden Essay in der letzten Ausgabe der Quarber Merkur gelesen hatte, habe ich mir den ersten Teil von "Erdsee" doch angehört und war von dem Plot sehr überzeugt, wenn auch die Erzählweise etwas langatmig und nicht so irre spannend war, so dass ich zu dem Hörbuch nie eine Rezension verfasst habe - aber unserer Tochter habe ich abends alles nacherzählt und sie war begeistert.

 

Kapitel 5, das letzte Kapitel, "Das Computerzeitalter" von 1981 bis heute bietet dann die für mich interessantesten Artikel, vor allem weil ich nicht wenige der Bücher entweder bereits gelesen habe oder zumindest bereits Essays und/oder Besprechungen gelesen habe. Die Artikel haben mich ermutigt, es doch noch einmal mit Der Maschinen-Trilogie von Ann Leckie zu versuchen, haben mich animiert, heute endlich mit dem Hörbuch "Alles, was wir geben mussten" von Ishiguro zu begonnen und mich definitiv neugierig gemacht auf Werke die "Die Vereinigung jiddischer Polizisten" (steht schon länger auf meiner Merkliste) oder Prosa von Jasper Fforde. Einige Artikel wirken auch auch abschreckend (sicher, ohne es zu wollen). So werde ich mich möglicherweise in diesem Leben nicht mehr an Literatur von David Foster Wallace oder China Miéville heranwagen, ich halte es ja kaum durch, die Rezension dazu zu lesen. Auch Salman Rushdie und William Gibson habe ich schon entmutigt abgebrochen und würde mich erst einmal anderen Dingen zuwenden.

 

Insgesamt kann ich "Wonderlands" sehr empfehlen, ich habe gern darin geschmökert und werde dies auch zukünftig wieder machen. Solche Nachschlagewerke sind unverzichtbar, wenn man sich - wie ich zurzeit - ein Fundament an Kenntnissen in der phantastischen Literatur aneignen möchte, aber eben nicht alles selber lesen kann und will. Genauso wie auf der Suche nach guten Lesetipps, finde ich auch gern Hinweise darauf, was ich eben nicht unbedingt lesen muss.

 

Das Buch habe ich aufgrund einer Rezension in der phantastisch! gekauft - obwohl es nur als Print erhältlich ist und mit 28 Euro auch nicht unbedingt billig. So etwas stelle ich mir (oder vielleicht später den Kindern) auch auch ganz gern ins Regal.

Diversität

Wenn Klischees in dem Roman bedient werden, decken die Einträge das hier in der Regel auf. Sind einige Roman explizit divers, wie beispielsweise Ursula K. Le Guins "Der Magier von Erdsee" oder auch die zahlreichen, sehr feministischen Werke, die hier besprochen werden, wird das auch hervorgehoben. 

 

Einige der Artikel (beispielsweise der über Harry Potter, denn da gäbe es ja einiges anzumerken) bleiben sehr an der Oberfläche, andere jedoch bieten selbst Kenner:innen der Werk noch interessante, bisher unbekannte Aspekte, unter anderem eben auch was Vielfalt der Charaktere betrifft.

 

Es werden auch nicht wenige Schwarze Autor:innen besprochen, außerdem auch welche aus u. a. Japan, Taiwan, China, Polen, Niger und Argentinien.

Harte Fakten

Titel Wonderlands. Die fantastischen Welten von Lewis Carroll, J.K. Rowling, Stephen King, J.R.R. Tolkien, Haruki Murakami u.v.a. Eine reich bebilderte Reise durch 3000 Jahre Literaturgeschichte! 
herausgegeben von Laura Miller
Erscheinungsjahr 2020 
Seitenzahl 320 
Anzahl Artikel 100 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1409585867346255874 

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