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Weltenportal Ausgabe 2

Inhalt

Wichtig zu wissen ist, dass das Weltenportal nicht auf SF beschränkt ist - es kann auch Fantasy und Horror beinhalten. Wenn ich auch diesmal einen klaren Überhang bei der SF beobachte. 

 

Weiterhin sind nicht alle Stories Erstveröffentlichungen aus dem laufenden Jahr, was ggf. bei Nominierungen für deutschen SF-Preise wie den DSFP beachtet werden muss.

 

Besonders gefallen hat mir, dass hier sogar mehr Frauen als Herren abgedruckt wurden. Offenbar hatte der Herausgeber eine große Auswahl an Kurzgeschichten (ich habe das Ausschreibungsverfahren ein wenig beobachtet). 

 

Ich lege meinen Schwerpunkt mal auf die Prosa, enthalten sind folgende Geschichten:

Autor:in Titel Erstveröffentlichung 2021? Genre
Erin Lenaris  Gejätet Ja SF
Sven Haupt Ein Sinn für Details Ja  SF
Nele Sickel Ein bodenständiger Job Ja  SF
Christoph Grimm Die Phase nein SF
Bianca Röschl Das Spieluhrherz ja  Dark Fantasy 
Fenja Harbke Der Kuss einer Meerjungfrau ja  Fantasy 
Rosi Blum E-A-H-0001 ja  SF 
Monika Graul Das treuherzige Fellknäuel ja  Fantasy 
J. J. McBlack Der Meister ist tot ja  Horror 
Nadine Buch Hunger ja  Horror 
Isabell Hemmrich In einem Bächlein helle nein  Fantasy 
       

Zu den Stories

Ich schreibe nicht zu allen Kurzgeschichten etwas, nur, wenn ich glaube, etwas dazu sagen zu können.

 

So hat mich beispielsweise "Gejätet" von Erin Lenaris nachhaltig beeindruckt. Und das, obwohl das Thema alles andere als neu ist! Menschen haben eine irre hohen Lebenserwartung, altern aber quasi im Geiste, daher müssen ab und an welche "gejätet" werden - auch, damit neue Menschen geboren werden können. Ein Thema, bekannt aus einer Short Story "2 B R 0 2 B "von Kurt Vonnegut, Hintergrundsetting bei "Zur Feier meines Todes" von MKI und ebenfalls der Dreh- und Angelpunkt der Scythe-Romane - um nur drei zu nennen, vermutlich gibt es hunderte. Da die Story aber sehr gut geschrieben ist, blieb ich dabei. Und wurde nicht enttäuscht. Die Autorin hat mich perfekt an der Nase herumgeführt, weil ich glaubte zu wissen, wie es enden würde. Die Pointe war böse und perfekt.

 

"Ein Sinn für Details" von Sven Haupt hat einen starken Fokus auf Komik - bis hin zur Pointe, die ich ziemlich sarkastisch verstanden habe (ich habe hoffentlich keine doppelten Böden übersehen). 

 

Zu "Die Phase" von C. Grimm würde ich ja gern mehr sagen, da die Ideen und der Spannungsaufbau mehr als nur passabel waren. Doch ich muss zugeben, dass mir persönlich die Plotwendung zu krass und zu ekelerregend war. Es hilft an dieser Stelle auch eher nicht, dass die entsprechenden Szenen sehr plastisch und einprägsam geschrieben waren. Also: Handwerk Note 1, Thema - ich hätte lieber gepasst!

Zum Thema der Anthologie, in der sie ursprünglich veröffentlicht wurde, passt sie allerdings sehr gut und war im Rahmen der anderen "erotischen Alien-Geschichten" sicher ein Aufrüttler.

 

Obwohl es so gar nicht mein Lieblingsschreibstil ist, hat mich Bianca Röschl mit "Das Spieluhrherz" bis zum Schluss als Leserin behalten. Ich war einfach zu neugierig. Vor Erzählstil erinnerte mich das eher an Märchen und ich mag es ja eher szenisch. Doch vor allem die wissenschaftliche Vorgehensweise beim Transplantieren eines Herzens hat mich doch sehr fasziniert. Und einige Stellen waren herrlich eklig. 

 

Fenja Harbkes "Der Kuss einer Meerjungfrau" war vom Genre her nicht meins, ich fand aber den Schluss sehr schön rund und mit einigen Details, die ich so nicht habe kommen sehen.

 

Rosi Blum mit "E-A-H-0001" hat mich sowohl vom Erzählstil als auch vom Thema und Genre her komplett überzeugt. Am Ende hat mir aber dann doch etwas gefehlt - da war eine krasse Lücke in der Handlung (absolut gewollt von der Autorin, aber nicht gewollt von mir als Leserin). Die Perspektive fand ich toll - ein menschenähnliches Alien, das zum ersten Mal zur Erde reist und feststellt, dass fast alle inzwischen zumindest teilweise Cyborgs sind. Die Szene mit der alten Dame war super. Für mich trotz der Abstriche nach "Gejätet" ein Highlight.

 

Etwas neues über Vampire zu schreiben ist ja nie so einfach, J. J. McBlack hat mit "Der Meister ist tot" zumindest auf der Krimi-Linie überzeugt, wenn mich auch sonst nicht alle Ideen total mitgenommen haben. Doch dass Dracula ermordert wurde und welches Motiv dahintersteckte, das alles erzählt aus der Perspektive von Lucy, die ihm nahe stand - obwohl nicht alle Plotwendungen mich überzeugt haben, kann ich doch einiges der Ideen wertschätzen. 

 

Nadine Buchs "Hunger" ist klassischer Horror, hat mich ein wenig an eine Story von Clive Barker (Pig Blood Blues) erinnert - auch wenn es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten gibt. Das Ende habe ich irgendwie kommen sehen, nichtsdestotrotz waren die Szenen ausreichend ekelhaft und eindringlich beschrieben und die Spleens und schrägen Gedanken der Figuren haben mich zum Weiterleisen animiert.

 

Dazu gibt es noch folgende Inhalte im Magazinteil:

 

Vor allem der Werkstattbericht von Aiki ist sehr spannend, erst recht, wenn man selber kurz davor steht, eine Anthologie auf die Beine zu stellen. Es ist schon komisch, wie schnell so etwas passieren kann und wie lange dann die Umsetzung dauert. Ich bin schon sehr gespannt auf das Ergebnis!

  • Im Gespräch mit Michael G. Spitzer – Interview zu “Die letzte Melderin – III. Die Botin“
  • Im Gespräch mit Sven Haupt – Interview zu “Stille zwischen den Sternen”
  • Im Gespräch mit R. M. Amerein – Interview zu “Akkretion”
  • Galerie: Kritzelkunst – Sechsseitige Werkschau von Detlef Klewer
  • “Sternenlicht” – Vorstellung der Raumpatrouille-Nachfolgeserie
  • “Manhattan 2058: M. Quillan im Interview” – Fiktives Interview mit dem Protagonisten der E-Book-/Hörbuch-Serie
  • “Eden im All” – Vorstellung und Rezension zur gleichnamigen Anthologie
  • “Glück oder Vertrauen?” – Ein Werkstattbericht zur Anthologie “Am Anfang war das Bild”
  • “Und ewig grüßt Mephistopheles” – Ein Essay zu V. E. Schwabs Fantasy-Theorie mit Betrachtung ihres Romans “Das unsichtbare Leben der Addie Larue”
  • Rezensionen 

Wie bin ich zu dem Buch gekommen?

Ich lese das Weltenportal grundsätzlich. Diesmal bin ich sogar selber beteiligt, ich habe eine Rezension eingereicht. Sofern der Herausgeber es mitmacht, werde ich wohl häufiger mal Rezensionen einreichen.

Diversität

Es ist einiges zu finden, beispielsweise anhand der Aliens in der Story von Chris Grimm.

 

Bei Fenja Farbke gibt es auch eine queere Figur (OK, das spoilert jetzt leicht, sorry).

 

Auch bei Nadine Buch habe ich einen leicht homoerotischen Moment aufgefangen, der aber sehr subtil bleibt.

Harte Fakten

Titel Weltenportal Ausgabe 2 
herausgegeben von Christoph Grimm 
Erscheinungsjahr 2021 
Seitenzahl 100 
Anzahl Geschichten 12 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1458714434113839110 

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