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Ich verwese von Tanja Hanika

Harte Fakten

Titel Ich verwese
Autorin Tanja Hanika
Erscheinungsjahr 2020
Seitenzahl 80

Inhalt

Dies ist einer von drei Zombie-Romanen, die ich für mein Zombierezensionsprojekt am Wochenende gelesen habe.

 

Eröffnung, die Ich-Person Elisa ist eine Mutter von zwei Kindern im Grundschulalter, der liebevolle Mann arbeitet im Büro. Vorstadtidylle mit Pancakes, Sommerferien, Zahnarztbesuch. Natürlich kenne ich den Titel des Werks und bin ständig auf der Hut.

Schon beim Zahnarztbesuch der panische Anruf ihres Mannes: Fahrt sofort nach Hause, hier stimmt irgendwas nicht. Die Prota, Elisa, macht auch nicht groß herum, hört auf ihn, schnappt sich die Kinder und kämpft sich nach Hause durch. Draußen sieht man schon die ersten Beißgemenge.

 

Im Haus angekommen bringt sie die Kinder in Sicherheit, bleibt aber natürlich nicht dort, sondern will noch ihre Eltern alarmieren, die nicht ans Telefon gehen und nur 150 Meter entfernt wohnen.

 

Natürlich möchte ich das nicht. Ich will, dass sie bei ihren Kindern bleibt. Weiß sie denn nicht, in was für einer Horrorkurzgeschichte sie hier ist und wie der Titel lautet? Aber natürlich würde mich ein Buch, in dem die Prota sich mit ihren Kindern zu Hause verbarrikadiert und der überhaupt nichts zustößt, keinen Deut interessieren. Also muss sie los und obwohl sie sich in einer glaubwürdigen Mischung aus tapfer und umsichtig verhält, geht es natürlich nicht ganz gut für sie aus - siehe Titel.

 

Es ist interessant, wie Menschen sich bei einer tatsächlichen Zombie-Apokalypse verhalten, die, wie ich, ein paar dutzend Folgen Zombieserien hinter sich haben.

Noch einmal interessanter ist die Idee, die Verwandlung in einen Zombie aus Sicht des werdenden Zombies zu schildern - und dann auch dabei zu bleiben. Wenn es auch konsequent ist, dass das "Ich" dann irgendwann nicht mehr existiert, sondern ein "es" wird. Ich bin aber unsicher, ob das ein Perspektivwechsel ist oder nicht vielmehr ein konsequenter Wechsel der Pronomens, weil es hier nicht mehr um eine weibliche Ich-Erzählerin geht, sondern um ein Zombiewesen.

 

Während es bis hierhin noch einigermaßen vorhersehbar war - siehe Titel - habe ich ab Kapitel 3 keine Ahnung davon, wie es weitergehen wird, aber noch die Hälfte vor mir. Langweilig bleibt es mit Sicherheit nicht. Der Es-Erzähler wertet nicht, beobachtet nur, hört, versteht aber nicht wirklich, hat nur noch wenige Interessen (essen! essen!) und nicht einmal wirklich einen Überlebenstrieb. 

 

Die Autorin ist nicht zimperlich mit ihren Figuren - es kann alles allen passieren, und zwar jedem. Da hier die Apokalypse erst ein paar Stunden oder bestenfalls Tage her ist, haben sich die Menschen auch noch nicht abgehärtet. Kann man Zombies heilen? Gibt es Hoffnung? Eine Szene, die ganz besonders nahe geht, wird mir vermutlich wochenlang im Kopf bleiben. Fies. Aber genau richtig fies für dieses Genre. 

 

Nebenher sind mal wieder nicht die Zombies die eigentlichen Monster. Die schrecklichsten Szenen werde mal wieder von Menschen erzeugt, die unentschlossen sind, wie sie mit den Zombies umgehen sollen, die einst geliebte Menschen waren. Und jene Menschen, die nun ganz hemmungslos ihren Sadismus ausleben können: Auch wenn es "nur" an Zombies ist. Eine Gruppe Jugendlicher wird hier sehr glaubhaft dargestellt.

 

Der Schluss ist konsequent, glaubwürdig und irgendwie endültig. Zumindest hier erwarte ich keine Fortsetzung. Außerdem gruselig: Sofern die Beine unverletzt sind, können die Zombies hier rennen, sobald sie sich an ihr Zombiedasein gewöhnt haben. Mehr dazu im Zombieromanrezensionsprojekt. 

 

Von Tanja werde ich früher oder später wohl alles lesen, was sie bereits veröffentlich hat und noch veröffentlichen wird. 

 

Zombieromanrezensionsprojekt

Meine Idee ist, drei Zombie-Romane zu lesen und dann miteinander zu vergleichen. Ich verwese war der erste, den ich hierfür lese, danach folgten Killing Zombies and kissing you und Warm bodies, mein fahler Freund.

 

Über die Autorin

Tanja Hanika bin ich via Twitter begegnet. Sie hat da ein paar sehr begeisterte Fans und ich bin via eines Tweets auf sie gekommen und dachte: Na, wenn die Leute so begeistert sind!

Ich las Zwietracht mehr oder minder an einem einzigen Nachmittag durch und schrieb eine begeisterte Rezension.

1988 geboren und schon seit 1996 Grusel-Fan: Der Initiator war hier der Roman Dracula. Sie begann mit Kurzgeschichten und ist inzwischen eine überzeuge Self-Publisherin. Außerdem hat sie einen irre sympatischen Twitter-Auftritt, den ihre Fans auch teilweise begeistert mitgestalten.

Ihre Homepage ist informativ und wird stets aktuell gehalten (bzgl. aktuellen Projekten beispielsweise).

 

Fan und Vorbildsfunktion

Zurzeit arbeite ich selber an einer Horror-Kurzgeschichte und wurde da eindringlich gefragt, wer denn mein Vorbild sei. King durfte ich nicht sagen, also habe ich gesagt: Tanja Hanika. Weil sie eben genau die richtige Menge Beschreibung und Action miteinander verbindet, so dass das Setting stets klar ist, die Stories aber trotzdem schnell genug voranschreitet. Dazu ist - insbesondere bei Zwietracht - das subtile Grauen sehr schön herausgearbeitet. Das Ende war mir stellenweise zu blutig, was beim Lesen für mich OK ist, aber nicht, wenn ich selber schreibe. Bei einem Zombieroman müssen natürlich die Gedärme herumspritzen. Bei dem (übrigens genialen) Titelbild habe ich auch nichts anderes erwartet. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Nina (Freitag, 27 November 2020 11:56)

    Bin eigentlich kein Kurzgeschichtenfan - aber ich mochte schon Hexenwerk von Tanja so gerne, dass ich sie mir einfach holen musste.
    Und ich wurde nicht enttäsucht! Die Geschichte hat mich total mitgenommen und am Ende habe ich mir sehr gewünscht, dass es nicht nur so kurz wäre.

    Fand auch besonders interessant, dass dei Portagonistin wie ich sehr viel Zombiecontent schon konsumiert hatte. Hat mich auch zum nachdenken darüber gebracht, ob ich wirklich so handeln würde, wie ich es jetzt erwarte...