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Ace in Space - Trident von Christian Vogt

Inhalt

Ich habe ein Rezensionsexemplar erhalten und muss daher diesen Beitrag als Werbung kennzeichnen. In der Buchbesprechung habe ich natürlich meine ehrliche Meinung widergegeben - das merkt man sicherlich auch.

 

Dieser Teaser zeigt mir eigentlich genau, in welcher Stimmung ich die Novelle lesen soll:

 

Rasante Raumkämpfe, Saunaspionage und Weltraumpfannkuchen in einer von Social Media bestimmten Welt.

 

Ich wusste so gar nicht, was mich erwartet und habe einfach losgelesen, nach zwei Kapiteln habe ich begonnen, mir Notizen zu machen und bin auf diesen Teaser gestoßen. Ja. Ich soll also Spaß haben. Gebongt!

  

Die Hauptfigur ist Danai Nhira, eine Callsign Princess. Wenn das abgefahren klingt, kann ich nur zustimmen. Das Thema ist (zumindest für mich) ungewöhnlich, was einerseits cool ist (Lesehorizont erweitern) und andererseits auch nicht ganz leicht zu lesen, weil mir eben noch der Hintergrund fehlt (hier wäre die Lektüre von Ace in Space vorher sicher sinnvoll gewesen, also geht das auf mich). Danai war auch schon in dem Roman die Hauptfigur und daher wäre mir ihr besonderer Charakter und auch ihre Flugkünste schon bekannt gewesen. Aber auch bei Trident wird schon in Kapitel 1 sehr klar, dass sie Stunts drauf hat, die auch in ihrer Welt nicht gewöhnlich sind.

 

Witzig finde ich, dass die Welt von Ace in Space total von Social Media geprägt ist. Follower sind wichtig. Da fühle ich mich ein wenig ertappt, da ich seit kurz nach dem Start der Corona-Ära meinen sozialen Hunger schon verstärkt durch Social Media und Emails stille, deutlich mehr als vorher. Geht vermutlich nicht nur mir so.

 

Die Welt, in der die Novelle (und natürlich auch der Roman Ace in Space) spielt, basiert auf dem Sci-Fi Rollenspiel "Aces in Space", das u. a. von Judith und Christian Vogt selber entwickelt worden ist. Das klingt nach Spaß! Ich darf aus dem Nähkästchen plaudern, die beiden haben daheim einen Rollenspielkeller. Wie cool. 

 

Weltenbau

Oft wird die Figuren-Charakterisierung so geschickt betrieben, dass nebenbei noch einiges über die Kultur und die Welt gesagt wird. So kann man seinen Körper  nach wie vor manuell stählen, so dass er fettfrei und muskulös ist. Wenn man es sich finanziell leisten kann, gibt es dank "Bodyshaping" aber auch zeitsparendere Möglichkeiten, dasselbe zu erreichen. 

Witzig auch die Beschreibung, wie das Terraforming auf dem Planeten Eden (als Planetenname offenbar sehr beliebt) schief gegangen ist und was man stattdessen mit dem Planeten noch anfangen kann.

"Kobeni-Gürtel" habe ich gegoogelt, weil ich dachte, ich hätte vielleicht eine Wissenslücke. Aber nein, das gehört zu dieser speziellen Welt.

  

Genre

Die Cyberpunk-Elemente sind gut zu erkennen. Cyberköter. Kybernetische Gliedmaßen (teuer, manchmal muss man da zusammenlegen).

 

Muss man vorher den Roman Ace in Space lesen?

Frei nach dem Motto "Tut nicht, was ich tu, sondern tut, was ich sage" möchte ich empfehlen, vorher den Roman "Ace in Space" von Judith und Christian Vogt zu lesen, der im selben Universum spielt. Ich habe es selber allerdings nicht so gemacht und mich lediglich ein wenig via Rezensionen, Interviews und persönlichen Chats darüber informiert, worum es bei Ace in Space geht. 

 

 

Man kann diese schmale Novelle auch lesen, ohne den Roman zu kennen. Der Weltenbau ist so gut, dass man schnell drin ist. Was die drei Hauptfiguren Danai, Neval und Kian betrifft, wäre es aber sicher cooler gewesen, den Roman zuerst zu kennen.

 

Lob und Kritik

Ich merke beim Lesen, dass der Autor sich intensiv mit der Welt von Aces in Space beschäftigt hat und sich in der Welt auskennt. Ich stelle mir vor, wie er schon x Rollenspielrunden in der Welt von Ace in Space verbracht hat und sich dort daher bewegt wie ich in meinem Heimatdorf.

Dadurch habe ich das Gefühl, die Dinge dort wirklich zu erfahren, wirklich zu sehen. Das ist bei fremden Welten aus der Phantastik (jedenfalls für mich) oft gar nicht so einfach. 

 

Die Sprache ist insgesamt nicht das Hervorstechendste, viele der Wendungen sind bereits bekannt. Aber hin und wieder gibt es Schlaglichter, die ich anerkennend und oft auch grinsend zur Kenntnis nehme. Da ist dem Autor entweder ein prächtiger Vergleich gelungen oder eine Phrase wurde modernisiert, um sie der Welt besser anzubauen. Beispiele gefällig?

 

"Die Nulltime hat einen Sensorquerschnitt wie ein Weihnachtsbaum. Da kannst du dir auch gleich eine Zielscheibe auf die Stirn malen."

 

"...konnten sie froh sein, mit dem Leben davongeskirtet zu sein"

 

"wenn man bedachte, dass das All vor allem aus großen Mengen leeren Nichts bestand" 

 

"Wellness ist auch nur Opium fürs Nanagement" 

 

Sehr positiv sind mir außerdem die Dialoge aufgefallen. Die klingen einfach echt. Plus, es gibt das gewisse Etwas, das ich mir in dem Setting gut vorstellen kann. Umgangssprache in die Zukunft gedacht. Nicht so übertrieben, dass es schwer lesbar wird, sondern eben genau richtig. So habe ich es zum letzten Mal bei Hologrammatica gelesen, wobei ich diesen Aspekt hier sogar ein wenig besser gelungen finde.

 

Was die Handlung betrifft, fühle ich mich stellenweise ein wenig zu alt. Als wäre die Zielgruppe deutlich jünger als ich - oder jedenfalls jünger im Kopf (Hilfe!). Das Gefühl hatte ich seinerzeit schon bei Wasteland. In vielerlei Hinsicht ist der Autor sehr modern oder gar seiner Zeit voraus.

 

So nimmt die Gemeinschaft (schön herausgearbeitet in dem Essay von Aiki Mira über Queer*SF in den letzten Queer*Welten) hier einen großen Stellenwert ein. Die Gang, die "Tridents" sind eher eine Art Wahlfamilie - und natürlich auch eine sehr diverse, was Herkunft und Geschlechter betrifft. 

 

Zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es die Logtube und das fokussiert sehr auf Social Media. Da werden Leute blockiert oder es werden PNs geschrieben. Das liest sich sehr innovativ. Jedenfalls habe ich solche Romane nicht oder kaum gelesen. 

 

Was ich persönlich am meisten genossen habe, ist der leise Humor, der ab und zu durchscheint - vor allem in der Sauna-Szene.  

 

Den Showdown habe ich auch sehr genossen, da er noch mindestens zwei gute Detail-Ideen beinhaltet, außerdem ist das Ende schön rund.

 

Fazit 

Um meinen Horizont zu erweitern, was das Lesen dieser Novelle absolut geeignet. Die Figuren sind interessant, einige Szenen sind spannend und/oder witzig. Mein SuB ist natürlich gerade viel zu hoch, aber vielleicht sollte ich Ace in Space doch noch nachholen.

 

Bonus

Ebenfalls enthalten sind zwei Kurzgeschichten Beyond the Gate von Stephan Urbach

und Razor Love von Judith und Christian Vogt. Beide Stories tragen zum Verständnis der Welt bei, beide fokussieren auf der Öl-Droge, die man sich ins Auge träufelt und die schreckliche Nebenwirkungen hat. Die Stories spielen außerdem in der Vergangenheit und die von Stephan erklärt mir dann doch etwas plastischer, was es mit den Gatern auf sich hat.

Vor allem bei Stephan Urbachs Kurzgeschichte war mir das ein wenig zu... plastisch. Allerdings muss ich anerkennen, dass er das verdammt gut geschrieben hat. Die Geschichten können jeweils für sich selber stehen, es ist aber sicher angenehmer, sie nach der Novelle zu lesen, wenn man die Welt bereits kennt (sie sind auch danach abgedruckt). 

Rezeption

Jol hat mittlerweile auch eine Rezension erstellt, die deutlich kritischer ausfällt als meine - und auch ausführlicher, so mein Eindruck.

Diversität

Wenn man ein kleines bisschen über den Autor weiß, wundert es nicht, dass Diversität hier sehr im Vordergrund steht.

So war ja schon der Roman "Wasteland", den er gemeinsam mit Judith C. Vogt geschrieben hat, genderneutral formuliert. Bei Wasteland hingegen war es mir nicht aufgefallen.

Hier ist es augenfälliger, da die Figur Flinn (Spitzname Radio Silence) mit dem Pronomen "xier" benannt wird. Das ist erst einmal gewöhnungsbedürftig, aber gut lesbar und fügt sich gut in die Prosa ein - fast so, als wäre es ganz normal. Das kann ich nur bewundern. Es gibt auch zwei oder dreimal einen Begriff, der mit dem Doppelpunkt gegendert wird.

 

Die Hauptfigur, Danai, ist außerdem Schwarz, was so nebenbei einfließt. Bis dahin hatte ich eh den Eindruck, dass die Bevölkerung sehr durchmischt ist. 

 

Es wird eine 53köpfige Großfamilie erwähnt - da ist doch sicher irgendjemand poly-amor?

 

Es gibt eine Sexszene mit zwei Frauen und einem Mann. Überhaupt spielt Sex durchaus eine größere Rolle für die Figuren.

 

In einer Kontaktanzeige werden echte Kerle gesucht (cis oder trans, no fomo). Was "fomo" bedeutet, musste ich den Autor dann fragen (Fear of making out).

 

Auch Behinderungen kommen nicht zu kurz. So gibt es eine Figur, Joe, der im Rollstuhl sitzt. Die Protagonistin reflektiert, warum das wohl so ist. Aus religiösen Gründen? Oder weil eine kybernetische Lösung für ihn nicht möglich ist? Sie entscheidet aber, dass sie das nichts angeht. Sehr respektvoll und reflektierend.

Harte Fakten

Titel Ace in Space - Trident 
geschrieben von Christian Vogt (plus je eine Kurzgeschichte von Judith und Christian Vogt und Stephan Urbach)
Verlag Ach je Verlag 
Rezensionsexemplar ja, vielen Dank dafür 
Erscheinungsjahr 2021 
Seitenzahl 83 
Anzahl Geschichten enthält eine Novelle und zwei Kurzgeschichten 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1436936242533392388 

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