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Queer*Welten 6

Inhalt

Ich habe ein Rezensionsexemplar erhalten und muss daher diesen Beitrag als Werbung kennzeichnen. In der Buchbesprechung habe ich natürlich meine ehrliche Meinung widergegeben - das merkt man sicherlich auch.

 

Die neue Queer*Welten ist endlich da! Enthalten sind drei Kurzgeschichten:

Außerdem gibt es einen Essay von Aiki Mira "Wovon träumen Androiden? Von Queer* Science Fiction!"

 

Generell gibt es zwei Neuigkeiten bei den Queer*Welten:

 

Ein Ebook bei Online-Buchhandlungen steht nicht mehr zur Verfügung. Man kann aber das PDF direkt beim Verlag erhalten (wird bei mir Stand 09/2021 noch nicht gelistet, ich habe das PDF als Rezensionsexemplar erhalten, danke dafür). 

 

Die anderen Neuerung ist, dass es nun nicht mehr nur Content Notices gibt, sondern auch "Positive Tags". Das sind Schlagworte, die das Thema beschreiben. Diese geben einen Ausblick auf das, was einen in der Geschichte erwartet, so etwas wie Adoption oder erste Liebe. So kann man als Leser:in gut auswählen, ob die Story etwas für einen ist und man gerade Lust drauf hat. 

 

Die drei Kurzgeschichten sind in dieser Ausgabe alle eher der Fantasy zu verorten. Daher wäre es nicht angebracht, dass ich (fast gänzlich ohne Fantasy-Lese-Erfahrung) dazu viel sage. Eine Ausnahmeist für mich die Geschichte von Janus Reihmann "Die gayte Fee". Zwar hat diese eine phantastische Komponente (ebenjene Fee), aber sie spielt in der uns bekannten Welt und thematisiert für mich klar verständliche Probleme. Der Weltenbau ist somit überschaubar und beschränkt sich lediglich auf die Figur der Fee. 

 

Das Besondere an der Geschichte ist für mich, dass das jugendliche erzählende Ich, Ben, bisexuell ist. Sein Konflikt wird überzeugend gezeigt. Er war bisher immer nur mit Mädchen zusammen und hat sich nun erstmalig in einen Jungen, Tyler, verliebt. 

Sowohl für ihn als auch für seinen Schwarm wird sehr gut dargestellt, welche Verwirrung das im Kopf erzeugt.

Es ist ja schon schwierig genug, überhaupt jemanden um ein Date zu bitten, noch schwieriger wird es, wenn man nicht einmal wissen kann, welche sexuelle Orientierung derjenige hat. Da braucht es manchmal schon eine gayte Fee, die einem etwas Mut macht.

Die Zielgruppe der Geschichte ist meiner Meinung eher deutlich jünger als ich. Da es um jugendliche Ängste und Erfahrungen geht, würde ich diese Geschichte vor knapp dreißig Jahren mehr genossen haben.

An einigen Stellen ist sie sehr erzählt, ich bevorzuge szenische Action. Dennoch ist sie flüssig geschrieben und liest sich sehr angenehm. Die Botschaft ist nicht unbedingt so subtil, wie ich sie in der Regel gern habe, aber das Thema und auch die Botschaft gefallen mir sehr gut.

Die Szenen mit der gayten Fee sind witzig und überzeugend (und außerdem auch szenisch und actionreich, yeah). Der Schluss ist mir zwar zu konfliktarm, ich verstehe aber, warum das für die Prämisse dieser Story notwendig war. Die Geschichte wird Menschen Mut machen, die sehr jung und nicht komplett heterosexuell sind. Außerdem habe ich gelernt, dass es auch "heteroflexibel" gibt. Das war mir neu. Eine Feelgood-Geschichte.

 

Interessant ist, dass das die erste Veröffentlichung von Janus ist. Das habe ich gesehen, als ich bei Twitter geschaut habe. Dort fragt Janus explizit nach Feedback (dem bin ich natürlich gleich nachgekommen).

 

Mein persönliches Highlight war der Aufsatz von Aiki Mira "Wovon träumen Androiden? Von Queer* Science Fiction!"

Das Thema beschäftigt mich auch sehr, nicht umsonst habe ich ja bei den meisten Rezensionen mittlerweile eine "Diversitäts-Sektion" am Ende der Seite. Aiki beschreibt, welche Normeinstellungen die Queer* Science Fiction (QSF) hinterfragt und untersucht dabei folgende Tropen:

  • Heteronormativität
  • Gender (Kategorien Mann und Frau)
  • Autonomie (z. B. Wahlfamilie, Gemeinschaft statt Gesellschaft)
  • Menschlichkeit (Hauptfiguren sind nicht immer humanoid)

Alle Aspekte sind mit Beispielen aus der Literatur hinterlegt, hierbei beileibe nicht nur moderne Werke wie "Die Maschinen" von Annie Leckie, sondern auch "When it changed" von Joana Russ oder Werke von Ursula K. Le Guin.

Bei dem Essay gefällt mir besonders die Herangehensweise. Es wirkt auf mich keineswegs so, als sei der klassische weiße able-bodied Held in der SF stets abzulehnen. Es zeigt lediglich auf, welche Möglichkeiten die SF, gerade die QSF darüber hinaus noch bietet. Zwar hinterfragt Aiki durchaus die Darstellung der Androiden in Dicks "Träumen Androiden von elektronischen Schafen", dies geschieht jedoch mit einem Augenzwinkern und es werden im Folgenden Alternative und auch alternative Literatur aufgezeigt.

Aiki schreibt selber QSF und zeigt auf, welche Themen in diesen Kurzgeschichten (erschienen z. B. in Diagnose F und Eden) behandelt wurden. Ich habe die beiden Geschichten gelesen und zumindest teilweise beim Lesen bemerkt, welche Klischees hier aufgebrochen wurden. 

 

Die Rezensionen habe ich ebenfalls mit Interesse gelesen, Mist, dabei hatte ich doch gerade meinen Kindle-SuB auf zehn Bücher abgebaut... aus der Traum ;-).

 

Queer*Welten hat mich weiterhin als Stammleserin und ich werde mich demnächst mal an eine Überblicksrezension für den EDFC machen, das Heft hat wirklich eine größere Reichweite verdient.

Diversität

Das ist ja hier Programm und der explizite Fokus des Hefts.

Harte Fakten

Titel  Queer*Welten 6
herausgegeben von Judith C. Vogt, Kathrin Dodenhoeft und Lena Richter 
Verlag Ach Je Verlag 
Rezensionsexemplar ja, vielen lieben Dank dafür 
Erscheinungsjahr 2021 
Seitenzahl 52 
Anzahl Geschichten
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1435887868229132300 

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