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Der Graben von Kôji Suzuki

Harte Fakten

Titel Der Graben 
Autor*in Kôji Suzuki 
Erscheinungsjahr 2014 
Seitenzahl 592 

Inhalt

Ich habe keine Angst vor Mathe. Das ist auch ganz gut so. Wer Angst vor Mathe und/oder Physik hat, sollte die Hände weglassen von diesem Buch. Bei Amazon heißt es, man müsse mindestens drei Semester Mathe studiert haben - das sehe ich nicht so. Helfen würde es allerdings tatsächlich. Man versteht es aber auch so, wenn man nicht den Anspruch hat, jedes Detail nachvollziehen zu können.

 

Die Hauptfigur ist die Journalistin Saeko, die sehr vielschichtig dargestellt wird. Vor achtzehn Jahren ist ihr Vater verschwunden, den sie seitdem sucht und vermisst. Ihre Mutter starb schon während (streng genommen sogar vor) ihrer Geburt. Saeko ist frisch geschieden, Ende dreißig, und bietet eine gute Identifikationsfigur. Später kommt noch der männliche Fernsehjournalist Hashibo als Identifikationsfigur dazu, außerdem ein paar ebenfalls interessante, vielschichtige Nebenfiguren, besonders wären da der Privatdetektiv und sein Sohn zu nennen.

 

Die Charakterzeichnung ist auch schon eine der klaren Stärken des Autors, sowie auch der Stil, der bis auf die vermehrte Verwendung des Begriffs "wie angewurzelt" sehr frisch ist. Letzteres mag an der Übersetzung liegen, die zunächst vom Japanischen ins Englische und dann ins Deutsche erfolgt ist.

 

Gruselig ist das Buch nicht. Höchstens der Prolog, dessen volle Bedeutung sich erst recht kurz vor dem Ende entfaltet. Spannend ist es schon - wobei zugegebenermaßen in der Mitte ein kleines Plothole ist, das sich aber wieder fängt.

  

Es liest sich für mich wie ein phantastischer Investigativ-Krimi mit Journalist:innen und Detektiven mit ganz klarer Science-Fiction-Komponente, fast schon Hard Science Fiction. Ich finde die Verbundenheit von Wissenschaft und phantastischen Vorfällen hier sehr gelungen.

 

Im Zentrum der Handlung steht das Verschwinden von Menschen. Das beginnt schon im Prolog: Ein verlassenes Auto mitten in der Wüste. Offenbar saß sogar ein Kleinkind drin. Wo sind die Insassen hin? Das setzt sich in der Haupthandlung fort: Wohin ist Saekos Vater verschwunden? Er klingt nicht wie jemand, der seine Tochter einfach so verlassen würde.

 

Dann der Fall, an dem Saeko dran ist - eine vierköpfige Familie verschwand aus einem Haus, quasi direkt nach dem Abendessen. Mit noch voller Badewanne, keine Klamotten fehlen, das Auto steht in der Garage, keine Anzeichen eines Kampfes oder eines Verbrechen. Dann häufen sich andere Seltsamkeiten. Erst als einige Mathematiker hinzugezogen werden, wird der größere Zusammenhang klar.

 

Es ist fast beeindruckend, wie gut am Ende alles erklärt wird. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich die phantastische Komponente so betonen sollte. Womöglich könnte etwas in der Art tatsächlich passieren. Der Roman ist sehr gut durchdacht und durchkomponiert. Ich werde sicherlich mehr von Suzuki lesen.

 

Übersetzungen ins Deutsche

Kann das sein, dass die anderen Werke von Suzuki noch gar nicht ins Deutsche übersetzt worden sind? Ich finde nur englischsprachige Titel!

 

Das Japanische an diesem Roman

Ich habe ja noch nicht irre viel von Japaner:innen gelesen (wenn auch viele Chines:innen in letzter Zeit, da diese ja SF-mäßig sehr auftafeln), vorher nur 1Q84 von Murakami, das mir aber nicht speziell japanisch vorgekommen war.

Hier merke ich es schon eher. Zwar ist mir die Welt längst nicht so fremd wie jene aus einigen Klassiker - man nehme hier die Zeit von vor zweihundert Jahren in GB in Stolz und Vorurteil - doch einiges ist eben doch anders. Beispielsweise verbeugen sich die Japaner:innen oft voreinander, zum Beispiel der Privatdetektiv vor dem Ladenbesitzer, den er befragen möchte. 

Die Figuren schämen sich mehr, als westlichere Charaktere es meiner Meinung nach würden und schauen häufiger zu Boden, statt sich in die Augen, als Zeichen der Scham. 

Natürlich gibt es viele Namen, die ungewohnt für mich sind, die gehen aber alle sehr gut ins Ohr, deutlich leichter als bei den meisten Fantasy-Romanen oder manch russischen Werken.

Insgesamt könnte die Geschichte auch in den USA spielen, mit wenigen kleinen Änderungen.

An einer Stelle spuckt einfach so jemand aus, so ganz nebenher, das wird normalerweise in Büchern eher selten erwähnt.

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